Kleiner Rückschritt

Der nordische Kombinierer Ronny Ackermann wird Zweiter im Gesamtweltcup. Für seine DSV-Kollegen lief die Saison nicht ganz so gut

VON KATHRIN ZEILMANN

Die Saison war noch nicht einmal ganz vorbei, da wurde schon wieder fleißig darüber nachgedacht, was man mit der nordischen Kombination im nächsten Winter so alles anstellen könnte, damit die Sportart noch attraktiver wird fürs Publikum. Anton Innauer, ehemaliger Weltklassespringer und im Österreichischen Skiverband nun Sportdirektor für Kombination und Skispringen, beispielsweise schlug die Einführung einer Massenstart-WM vor, die in Wintern ohne Weltmeisterschaft oder Olympia stattfinden könnte, am besten zusammen mit der Skiflug-WM. Dann übrigens könnten sich die Kombinierer auch endlich den Traum vom Skifliegen erfüllen; offizielle Wettkämpfe auf den monströsen Schanzen sind bislang den Spezialisten vorbehalten.

Am Samstag nun war die Saison zu Ende, Ronny Ackermann, bester deutscher Winterzweikämpfer, wurde Zweiter im Gesamtweltcup. Er hatte grandios begonnen in diesem Winter, vier Wettkämpfe hintereinander gewonnen. Doch als er grippekrank wurde, geriet der Finne Hannu Manninen in Hochform und lief allen davon. Ackermann hatte auch nach seiner Genesung meist das Nachsehen, wenn Manninen durch die Loipe pflügte, als sei er ein ICE und die Konkurrenten Bimmelbahnen. Zuletzt in Lahti ließen es beide etwas ruhiger angehen: Am Samstag wurde Ackermann Zwölfter, Manninen Vierter. Es siegte der Japaner Dahito Takahashi.

„Ich wollte unter die besten drei der Welt, jetzt bin ich Zweiter“, bilanzierte Ackermann. Die Enttäuschung über Manninens Sieg hatte sich bereits gelegt, bereits seit geraumer Zeit schien klar, dass er den Finnen nicht mehr würde gefährden können. „Ronny gehört seit fünf Jahren zur absoluten Weltspitze, da geht ein zweiter Platz in Ordnung“, sagte Bundestrainer Weinbuch. Schon früh in der Saison war klar, dass er sich in diesem Winter vor allem auf den Weltmeister aus Oberhof würde verlassen müssen: Der sechsmalige Juniorenweltmeister Björn Kircheisen sprang desolat; Georg Hettich konnte den Trainingsrückstand, den er wegen einer Schulteroperation hinnehmen musste, nie ganz kompensieren; Jens Gaiser bestätigte als Sieger des Sommer-Grand-Prix seine Leistung im Winter nicht; Sebastian Haseney war überragend auf der Loipe, verspielte jedoch im Springen meist bessere Platzierungen. „Wir haben halt den Ronny, der verdeckt vieles“, erkannte Weinbuch bereits bei der Vor-WM in Oberstdorf.

In der Weltspitze ist der Berchtesgadener mit seinen Athleten längst angekommen, eine Saison wie diese muss deshalb als kleiner Rückschritt eingeordnet werden. Immerhin hatte Deutschland noch im vergangenen Winter die Nationenwertung gewonnen, in diesem Winter dominierte Finnland. „Im Springen hakt’s halt ein wenig“, sagte Weinbuch. Neue Anzüge, neues Reglement – die Umstellung sei nicht unproblematisch gewesen. Außerdem habe er seinen Sportlern eine kleine „Verschnaufpause“ gegönnt. Ein Jahr ohne WM oder Olympia sollte zum Durchatmen dienen. Und Weinbuch versprach: „Im Frühjahr werden die Zügel wieder angezogen.“ Und auch die Arbeit im Nachwuchsbereich hat sich erneut bewährt: Tino Edelmann, mit drei Silbermedaillen bei der Junioren-WM dekoriert, erreichte beim Wettkampf in Liberec Rang acht.

Neben dem Training, das schon in ein paar Wochen erneut beginnt, wird sich Weinbuch auch wieder mit der Zukunft seiner Sportart an sich beschäftigen. Neuerungen gegenüber ist er aufgeschlossen, er sagte: „Wir arbeiten ständig daran, unsere Sportart noch attraktiver zu machen.“ Für diese Angelegenheit gibt es beim Internationalen Skiverband (FIS) sogar eine eigene Kommission. Denn den Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Skispringern haben die Kombinierer trotz ihrer Erfolge und des Selbstbewusstsein des Ronny Ackermann („Wir sind eine eigenständige Sportart und müssen uns nicht immer vergleichen“) immer noch nicht so ganz ablegen können. Noch immer richtet sich das öffentliche Interesse vornehmlich auf die Spezialisten, wo aus Martin Schmitt und Sven Hannawald längst Werbemillionäre geworden und wo Wettbewerbe „Events“ sind.

Aber Weinbuch sieht deutliche Fortschritte: „Wir hatten teilweise höhere Einschaltquoten als die Spezialspringer“, registrierte er zufrieden. Und um einiges erfolgreicher waren sie diesen Winter schließlich auch.