Glauben – auch für den Geschäftserfolg

Christliche Unternehmer prangern Maß- und Wertelosigkeit in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft an. Sie plädieren für Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Gerechtigkeit, Offenheit und Qualität als Kriterien für ökonomische Entscheidungen

AUS OBERHAUSEN M. OCHMANN

Den Menschen das Vertrauen in die Wirtschaft, ihre Spielregeln und ihre führenden Repräsentanten zurückzugeben – das ist das Ziel der Christlichen Wirtschaftskonferenz, die an diesem Wochenende zum ersten Mal stattfand. Träger der Veranstaltung in Oberhausen waren die acht größten christlichen Unternehmerverbände, der Evangelische Kirchenkreis und die Katholische Stadtkirche Oberhausen. Rund 800 Handwerker, Freiberufler und Händler kamen. Diese Resonanz sei ein „Indiz dafür, dass viele die Notwendigkeit sehen, über neue Werte zu sprechen“, so die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) in ihrer Begrüßungsrede.

Nach Ansicht der Veranstalter ergibt sich das aus einem spürbaren Vertrauensverlust, der sich in der Verunsicherung von Märkten und Konsumenten bemerkbar mache. Neben den zahlreichen Skandalen um Bilanzfälschungen sei insbesondere die paradoxe Situation nicht mehr vermittelbar, dass die Börse auf angekündigte Massenentlassungen mit dem Kursanstieg der Unternehmensaktien reagiert. Auch die Managergehälter sind den Christen ein Dorn im Auge. „Viele Verantwortliche sind maßlos geworden, weil sie für ihre eigene Handlungsweise kaum noch ethische Wertmaßstäbe erkennen“, klagt Horst Lenord, Leiter des Trägerkreises Christliche Wirtschaftskonferenz.

Dieser Maßlosigkeit gelte es das „Maß der Bibel“ entgegenzusetzen. Schließlich hänge auch die krisenhafte Entwicklung der Wirtschaft direkt damit zusammen: Die „selbst geschneiderte Ethik“ in den Chefetagen verlaufe sich in kurzfristigen Zielen und der „Gier nach Geld, Geltung und Machtfülle“, so Lenord. Daraus folgten Misstrauen und Frust von Kunden und Mitarbeitern. Dafür fand er den – leicht angepassten – Spruch aus dem Alten Testament: „Durch den Segen der Aufrichtigen blüht die Wirtschaft auf, durch die Maßlosigkeit und Unredlichkeit der Gottlosen wird sie niedergerissen.“

In die gleiche Kerbe schlug Professor Jörg W. Knoblauch, geschäftsführender Gesellschafter einer Unternehmensgruppe und überzeugter Christ: Auch die Rezession sei ein Werteproblem, erklärte er: „Erst verlieren wir unsere Werte und dann unseren Wohlstand.“ Der Kongress könne eine Initialzündung sein, die wirtschaftliche Entwicklung wieder in richtige Bahnen zu lenken.

Gutes für die Umsetzung der christlichen Prinzipien erhoffen sich die Veranstalter von der Christlichen Kooperationsbörse. Bislang zählt diese Kommunikationsplattform rund 170 Mitglieder, mindestens 500 Teilnehmer sind laut Lenord die Zielvorgabe, um mit dem Netzwerk effizient arbeiten zu können. Wer teilnehmen will, muss sich die Werte Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Gerechtigkeit, Offenheit, Zuverlässigkeit und Qualität auf die Fahne schreiben. Stellt er sich als Wolf im Schafspelz heraus, droht der Rauswurf. Die Initiatoren der Kontaktbörse planen ein Bewertungssystem, mit dem überprüft werden soll, ob die Teilnehmer dem Kodex gerecht werden.

Aus Sicht von Martin Döbler, der einen mittelständischen Betrieb mit 32 Mitarbeitern hat, hat die Kooperationsbörse auch einen praktischem Nutzen: „Ich kann Kontakt zu Unternehmern knüpfen, von denen ich nicht übers Ohr gehauen werde.“ Christ zu sein ist für ihn durchaus verkaufsförderndes Etikett.

Aber: Glaube als Marktlücke, in der man sich Wettbewerbsvorteile verschafft? So unsentimental will Lenord die Sache nicht betrachten. „Das Etikett ‚christlich‘ soll ein Gütesiegel werden.“ Auch Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, warnt davor, den Glauben als Verkaufsargument zu missbrauchen: „Der Glaube soll nicht verzweckt werden für den Unternehmenserfolg.“