Nie wieder Rosa

Schutz vor Männergewalt, gleicher Lohn für gleiche Arbeit – am Frauentag fordern Kölner Frauen ihre Rechte ein

KÖLN taz ■ „Ich kenne nur den Frauengebetstag.“ Die alte Frau, die sich zögerlich dem Frühstücksbuffet nähert, hat noch nie etwas vom Internationalen Frauentag gehört. Eiseskälte und die Aussicht auf einen heißen Kaffee hat sie zu dem Stand auf der Schildergasse geführt, an dem Kölner Frauenvereine wie „agisra“, „Frau Schmitzz“ und „Frauen helfen Frauen“ gestern ein öffentliches Frauenfrühstück veranstalteten. Auch Fatima ist nur zufällig vorbeigekommen und hört zum ersten Mal vom 8. März. Die Idee eines Frauentages leuchtet ihr aber sofort ein: „Denn Frauen haben immer mehr Sorgen“. Besonders hart sei es in Deutschland für alleinerziehende Migrantinnen wie sie selbst, die ihre Rechte nicht kennen – das nützten die Männer aus.

Darüber könnte auch Ida Schrage von agisra, der Kölner Beratungsstelle für Migrantinnen, stundenlang reden: Dass Migrantinnen in Deutschland erst nach zwei Jahren ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bekommen und bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oft diskriminiert werden. Die Hauptforderung von agisra am Weltfrauentag 2004 ist jedoch, dass frauenspezifische Fluchtgründe wie Zwangsheirat oder Genitalverstümmelung endlich im Asylverfahren anerkannt werden.

Auch für Ulrike Gerstenberg gibt es genug Gründe, den Frauentag zu begehen. Sie arbeitet beim Verein Frauen helfen Frauen, der in Köln zwei Frauenhäuser unterhält. Bis zu 24 Frauen und 36 Kinder können dort Unterkunft und Schutz vor ihren gewalttätigen Männern und Vätern finden. „Solange wir ständig voll belegt sind und sogar täglich 3 bis 4 Frauen abweisen müssen, kann von Gleichberechtigung wohl keine Rede sein“, sagt Gerstenberg. Außerdem würden Frauen weiter die Hauptbelastung im Haushalt und bei der Kindererziehung tragen, im Beruf aber immer noch weniger verdienen als Männer. Tatsächlich ist die Einkommenskluft in Deutschland und Großbritannien europaweit am höchsten: Rund 20 Prozent verdienen hier die Frauen trotz gleicher Qualifikation weniger als Männer – im EU-Schnitt sind es 16 Prozent.

Einen weiteres Thema für den Frauentag nennt Esther Romahn: Geschlechterdifferenzen bei der Erziehung. Die WenDo-Trainerin bei der Selbstverteidigungsgruppe „Frau Schmitzz“ kritisiert, dass Kinder immer noch lernen, dass es Frauenberufe und Männerberufe gibt. Und dass Mädchen wieder verstärkt in weibliche Klischees gedrängt werden: „Man muss sich nur die Kindermode anschauen: Mädchen haben heute wieder Rosa zu tragen.“ Susanne Gannott