Schaworalle auf Raumsuche

Das Kölner Jugendzentrum Sharifeh will nicht für das Romakinder-Projekt Platz machen. Stadt möchte auf nahe Kindertagesstätte ausweichen. Die sieht ihre Existenz gefährdet

KÖLN taz ■ Die Pläne der Stadtverwaltung, eine Einrichtung für die so genannten „Klau-Kids“ auf einem städtischen Gelände in der Kölner Innenstadt zu schaffen, stoßen auf Proteste. Ursprünglich sollte bis zum Sommer das ehemalige „Sharifeh-Zentrum“ am Venloer Wall geräumt und dort eine Mischung aus Kindertagesstätte, Schule und Kulturstätte für Romakinder eingerichtet werden. Der Hintergrund: Das schwarz-grüne Ratsbündnis möchte mit dem Projekt „Schaworalle“ (Hallo Kinder) die sozial auffälligen Jugendlichen und Kinder von der Straße holen.

Nun wehrt sich das „Sharifeh-Zentrum“ gegen die Pläne der Stadt, das Grundstück zu räumen. Das Internationale Zentrum für Jugendbegegnung will das Gelände nicht aufgeben und beruft sich auf ein Nutzungsrecht für das Grundstück, das die Stadt ihr 1974 eingeräumt hatte. Der Verein hat mittlerweile einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

Kita-Gelände als Ersatz

Die Stadtverwaltung sucht indes ein Ersatzgrundstück in der Nachbarschaft. „Wir werden mit dem Projekt an anderer Stelle einsteigen“, erklärt Jugenddezernent Franz-Josef Schulte. Fündig geworden ist man auf dem benachbarten Gelände der städtischen Kindertagesstätte. Auf dem Außengelände der Kita steht eine baufällige Baracke, die früher von der Einrichtung genutzt wurde. Wegen baulicher Mängel steht sie aber seit Jahren leer. Mit einigen „Bauerhaltungsarbeiten“ will die Stadt die Baracke wieder fit machen, so der Dezernent. Das Land hat Zuschüsse in Höhe von 200.000 Euro zugesagt, ein Teil dieser Gelder soll für das Projekt „Schaworalle“ verwandt werden.

Das weitläufige Außengelände der Kita haben die Eltern mit viel Eigeninitiative und Spenden über Jahre hergerichtet. Eine Seillandschaft, ein Kräutergarten und ein Feuchtbiotop sind so entstanden. Ein kleines Paradies für Großstadtkinder. Im September 2002 erhielten sie dafür aus der Hand von Oberbürgermeister Fritz Schramma den Umweltschutzpreis.

Der Elternrat der Kita zeigt kein Verständnis für das Vorgehen der Stadt. Die Einrichtung gehört mit seinen 40 Kindern zu den kleineren Tagesstätten in Köln. Die Eltern befürchten, dass durch die Wegnahme des Außengeländes die Attraktivität der Einrichtung stark leiden wird. „Dann werden immer weniger Eltern ihre Kinder hierhin geben und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Kita ganz geschlossen wird“, so eine Mutter.

Dem Vernehmen nach soll das Gelände für das Schaworalle-Projekt mittels eines Zaunes von der Kindertagesstätte abgetrennt werden. „Diese Pläne gibt es absolut nicht“, widerspricht Schulte. Er versichert, dass das Projekt auf keinen Fall die Kita verdrängen wird. Als Alternative für das Außengelände schlägt Schulte vor, dass die Kita-Kinder künftig außerhalb des Geländes im Inneren Grüngürtel spielen sollen. Für die betroffenen Eltern eine völlig abstruse Idee: „Da gibt es nur Hundekot und Spritzen“, regt sich ein Vater auf.

Trend zur großen Kita

Ob die Kita unter diesen Umständen noch langfristig existieren wird, ist fraglich. Auch Jugenddezernent Schulte räumt ein, dass sich einiges im Bereich der Kindergärten ändern wird, wenn das Land spätestens 2007 die Förderung von Hortplätzen einstellen wird. „Große Kindergruppen kosten weniger Geld als kleine, und da das Geld knapp ist, überlegen wir, Kindergärten zusammenzulegen“, erklärt der Dezernent.

Der Elternrat der Kita am Venloer Wall will sich jetzt an OB Schramma wenden. Er soll sich für den Erhalt des von ihm prämierten Außengeländes und damit auch für den Fortbestand der Kita einsetzen. Am 16. März entscheidet der Jugendhilfeausschuss über den künftigen Standort des Schaworalle-Projekts.

Georg Wellmann