Der Roland soll es richten

Mit einem mehrmonatigen Veranstaltungszyklus und ganz vielen Modulen feiert die Stadt Bremen den sechshundertsten Geburtstag ihres großen Freiheitsdenkmals. Nebenbei soll damit auch die Kulturhauptstadt-Bewerbung popularisiert werden

Bremen taz ■ Der Bürgermeister machte den Anfang: Als gülden gelockter Roland verkleidet trat Henning Scherf in die Bütt des Aachener Karnevalvereins und erkalauerte sich den Orden wider den tierischen Ernst. Doch die großen Jubiläumsfeierlichkeiten rund um Bremens Freiheits-Denkmal, das heuer 600 Jahre alt wird, stehen noch an.

Laut einem Kassenbuch, das im Staatsarchiv aufbewahrt wird, wurde die Roland-Statue, deren Kopie auf dem Marktplatz Tag für Tag touristisch erschlossen wird, 1404 durch den Bremer Rat beauftragt und bezahlt. Das Jubiläum passt mithin wunderbar zum Bewerbungsverfahren um die „Kulturhauptstadt Europas 2010“: Bis Ende Juni muss Bremen seine Bewerbungsunterlagen beim Auswärtigen Amt eingereicht haben. Beide Ereignisse, heißt es in einer Vorlage, die der Senat heute berät, „sind in besonderer Weise geeignet, überregionale Aufmerksamkeit für Bremen zu erregen“. Außerdem thematisierten beide Ereignisse, so geht es im schönsten Behördendeutsch weiter, „die Ressourcen der bremischen Zukunftsgestaltung, die sich unter Nutzung ihrer kreativen Potentiale mit der Bewerbung zur Kulturhauptstadt verbinden“. Also kam die Bremen Marketing GmbH (BMG) auf die Idee, das Roland-Fest „zugleich als Kommunikationsplattform für die Bewerbung mit überregionaler Ausstrahlung“ zu nutzen. Zusammen mit Bremischen Initiativen, Projekten und Institutionen organisiert die BMG einen „mehrmonatigen Veranstaltungszyklus“, der – auch das eine wunderschöne Amtsstuben-Vokabel – 16 „Module“ umfassen soll. Über die Kosten – dem Vernehmen nach 800.000 Euro – verliert die Senatsvorlage kein Wort. Das Gesamtprogramm, so heißt es nur, werde finanziert aus Eigenmitteln der beteiligten Einrichtungen, Mitteln der City-Initiative und des Wirtschaftsaktionsprogramms, dem Etat der BMG, Sponsoring sowie Einnahmen kommerzieller Partner.

Herzstück der Feierlichkeiten soll „Modul“ Nummer 9 sein: Unter dem Namen „Gesichter der Freiheit“ gibt es vom 11. bis zum 20. Juni eine „anspruchsvolle Bespielung des Marktplatzes“ – und zwar mittels einer abendlichen „multimedialen Projektionsshow auf den Fassaden von Rathaus, Schütting und Bürgerschaft“, einer poetischen Bild- und Ton-Collage zum Thema Freiheit. Diese werde, so Henrik Marckhoff von der BMG, auch heutige „Defizite von Freiheit“ und „Freiheitssehnsüchte“ thematisieren: „Es ist ja nicht so, dass wir hier wieder Mittelalter machen wollen.“ Auch an „interaktive Elemente“ sei gedacht – so sollen Bremens Bürger über ihre PCs digitale Fotos beisteuern.

Weitere „Module“ sind unter anderem ein Volksfest in der City, ein kreativ-literarischer Wettbewerb, ein Roland-Symposium, eine Ausstellung zum „Design politischer Symbole“ im Wilhelm-Wagenfeld-Haus sowie – schließlich soll die Kulturhauptstadt-Idee popularisiert werden – der Start des symbolischen Transports der Bewerbung per Hanse-Kogge nach Berlin.

Nachdem die Finanzierung lange auf wackeligen Beinen stand, hat die BMG Mitte Januar auch grünes Licht für eine Ausstellung im Focke-Museum gegeben – dort lagern schließlich Haupt, Gürtel und Füße des Original-Roland. „Zu Rolands Füßen – 600 bewegte Jahre“ soll die Schau laut Focke-Chef Jörn Christiansen lauten und Bremens Stadtgeschichte im Zeichen des Rolands mittels bewegter Bilder nachzeichnen. Markus Jox