ABM für die Fitten

Wer länger als ein Jahr arbeitslos ist, hat kaum noch Chancen auf eine geförderte Arbeitsstelle

taz ■ „Bei neuen Maßnahmen ist der Anteil von Arbeitslosen-Geld-Beziehern unter Berücksichtigung der erwarteten Einspareffekte besonders zu beachten.“ In diesem Satz, er stammt aus einem Brief der Bundesanstalt für Arbeit an die Direktoren der Arbeitsämter im Raum Niedersachsen und Bremen, steckt Sprengstoff.

Im Klartext heißt das: Gebt die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) gefälligst an die, für die wir sonst teures Arbeitslosengeld bezahlen müssten. Und nicht an die Langzeitarbeitslosen, die das Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt vielleicht viel nötiger hätten. Denn deren Unterhalt, die Arbeitslosenhilfe, ist für die Arbeitsämter ein durchlaufender Posten: Sie bekommen das Geld vom Bund erstattet, während das Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt stammt.

Gestern wandte sich der Bremer Verband der Beschäftigungsträger vehement gegen diese Praxis. „Die eigentliche Zielgruppe wird von ABM faktisch ausgeschlossen.“ Nach Beobachtung des Verbands würden im Arbeitsamt „seit Wochen fast nur noch Arbeitslosengeld-Empfänger in Maßnahmen vermittelt.“ Das sagt auf jeden Fall Uwe Lange. Und: „ABM ist als Stabilisierungs- und Integrationsmaßnahme aber gerade für die geeignet, die schon länger keine Arbeit mehr haben.“

„Wir sind gehalten, auf die Kosten zu gucken“, räumt der Bremer Arbeitsamtschef Christian Hawel ein. In dem Brief, der sich auch an ihn richtete, heißt es, dass, gemessen am Ziel der Bundesanstalt, im Januar 2003 allein im Arbeitsamtsbezirk Niedersachsen-Bremen 79,5 Millionen Euro zuviel für Arbeitslosengeld ausgegeben wurden.

Der Druck von oben kommt bei den Vermittlern an: Auf Nachfrage der taz bestätigen mehrere, dass in Dienstgesprächen immer wieder auf den Zwang zum effektiven Einsatz der Mittel hingewiesen werde.

Direktor Hawel versucht, den Ball flach zu halten: „Überspitzt gesagt laufen hier stündlich neue Weisungen ein“. So habe er gerade die Aufforderung empfangen, Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen bei Arbeitslosenhilfe-Empfängern zu konzentrieren. Die Richtung aber sei klar. „Wenn die Lohnnebenkosten sinken sollen, muss die Bundesanstalt mit weniger Mitteln auskommen“. Und diese wenigen Mittel verteilt sie auf ihre Versicherten. hey