SPD hat Nase vorn

Neue Umfrage sieht Grüne und FDP gestärkt. Scherf erreicht „Traumwerte“, aber die Sozialdemokraten fahren 4,5 Prozent weniger ein als 1999

taz ■ Zwei Wochen vor den Bürgerschaftswahlen macht nun mit dem ZDF-Politbarometer die nächste Umfrage die Runde. Die SPD liegt demnach bei 38 Prozent – 4,5 Prozent weniger als noch vor vier Jahren. Die CDU liegt mit 36 Prozent knapp dahinter – bei der zuletzt veröffentlichten Forsa-Umfrage hatte die CDU noch die Nase vorn. Die Grünen hätten, würde heute gewählt, etwa 14 Prozent. Das sind fünf Prozent mehr als bei den letzten Wahlen. Die FDP schafft nach dieser Umfrage mit 5 Prozent den Einzug in die Bürgerschaft.

„Anders als die SPD in Niedersachsen und Schleswig Holstein haben wir also relativ stabile Werte in Bremen“, interpretiert SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen die Zahlen. Dass der bundespolitische Gegenwind in Bremen nicht so stark ankommt liegt wohl zu einem Gutteil an Henning Scherf: 68 Prozent, darunter also offenbar viele Anhänger anderer Parteien, wollen ihn weiter als Regierungschef. „Auch wenn Wilhelm Kaisen von den Toten auferstehen würde, hätte er nicht solche Werte“, kommentiert trocken CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff. „Wenn man politisch nichts entscheidet, macht man sich im Übrigen keine Feinde und hat mehr Zeit zum Umarmen“, erklärt er den Spitzenwert aus seiner Sicht. Der CDU-Kandidat Hartmut Perschau schmiert mit gerade mal 18 Prozent deutlich gegenüber Scherf ab.

Auch SPD-Mann Böhrnsen zieht seine Schlüsse aus Scherfs „einmaligem Wert“: „Wenn wir die Wahl mit Henning Scherf gewinnen, dann ist es seine Aufgabe, der SPD einen Koalitionsvorschlag zu machen und wir werden damit konstruktiv umgehen“. Die Wahrscheinlichkeit, dass Scherf sich mit seinem offensiv vorgetragenen Wunsch nach Fortsetzung der Großen Koalition durchsetzt, wird damit noch größer. In der Umfrage, durchgeführt von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen, haben sich die Bremer zudem mehrheitlich für eine Fortsetzung der Großen Koalition ausgesprochen.

„Opposition ist auch eine Option“, wendet die grüne Fraktionschefin Karoline Linnert die schlechten Aussichten für Rot-Grün ins Positive. „Wir werden die SPD nicht schonen“, kündigt sie an, auch wenn es programmatisch die größeren Übereinstimmungen gebe.

Während die WählerInnen der CDU bei den Themen Arbeit und Wirtschaft mehr zutrauen, wenden sie sich bildungspolitisch der SPD zu. Die sechsjährige Grundschule steht bei ihnen im Wahlprogramm, ein deutlich anderer Schwerpunkt als bei den Christdemokraten. „Das macht uns nachdenklich, wenn den Pisa-Verursachern immer noch ein Vorsprung eingeräumt wird“, so Eckhoff. Und: „Daran sieht man, dass der ein oder andere hier vielleicht selbst Pisa-geschädigt ist.“

Große Einigkeit herrscht bei den Koalitionären dagegen beim Thema FDP: „Die braucht nun wirklich keiner“, sagten Böhrnsen und Eckhoff unisono. hey