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Archiv-Artikel

4,2 Tonnen Hasch gefunden

Das ist die Ausbeute von 25 Jahren gemeinsamer Rauschgiftfahndung von Zoll und Polizei. 1978 wurde die Ermittlungsgruppe GER gegründet. Damit begann eine neue Ära der Drogenbekämpfung

von OTTO DIEDERICHS

„Riechen Sie’s?“, fragt Rüdiger Engler, als er aus seinem Büro im Landeskriminalamt tritt. „Haschischgeschwängert. Da hatten wir wieder eine größere Sicherstellung.“ Kriminaldirektor Rüdiger Engler ist Leiter der Berliner Drogenfahndung und damit auch Chef der „Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift“ (GER), die am Montag auf ihr 25-jähriges Bestehen zurückblickt. Als am 12. Mai 1978 die rund ein Dutzend Beamten von Kriminal- und Schutzpolizei und sieben des Zollfahndungsamtes ihre Arbeit aufnahmen, begann in Berlin zugleich eine neue Ära der Drogenbekämpfung.

„Es war doch unsinnig, dass zwei Behörden die gleiche Arbeit machen“, sagt Dieter Schenk, der geistige Vater der GER. Zudem sei es damals hin und wieder auch zu gefährlichen Situationen gekommen. So hätten sich bei einem Einsatz am Stuttgarter Platz in Charlottenburg Kripos und Zöllner „beinahe gegenseitig beballert“, erinnert sich Schenk, seinerzeit Leiter der „Direktion Verbrechensbekämpfung“. Mit den neuen gemischten Teams sollte die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Zoll bei der Drogenbekämpfung intensiviert werden. Eine ähnliche Gruppe gab es damals nur in Hamburg, allerdings auf organisatorisch kleinerem Niveau. Für Engler ist die Berliner GER daher „die älteste in Deutschland“.

Von der direkten Kooperation zwischen Polizei und Zoll versprach man sich neben der Vermeidung von Doppelarbeit auch eine bessere Nutzung der beiderseitigen Informationen und rechtlichen Befugnisse. Und natürlich wollte man über den Zoll, der zum Bundesfinanzministerium gehört, auch schneller an die Daten der Oberfinanzdirektionen herankommen. „Das ist uns auch gelungen“, sagt Dieter Schenk, der heute Pensionär ist. 1977 hatte es mit 84 die höchste Zahl an Drogentoten in Westberlin gegeben. Auch die amerikanischen Truppen machten sich wegen erheblicher Drogenprobleme Sorgen um ihre Kampfkraft. Und da die Alliierten bei Sicherheitsfragen damals stets das letzte Wort hatten, gab es schnell grünes Licht für eine spezielle Ermittlungsgruppe zur Bekämpfung des Drogenschmuggels und -handels von größerem Ausmaß.

„Die GER hat nie die Aufgabe gehabt, sich mit kleinen Dealern und Konsumenten zu beschäftigen, sagt Kriminaldirektor Engler. Entscheidend sei vielmehr immer der Bezug zum Schmuggel. Hier habe die GER dann allerdings ein „Vorgangsauswahlrecht“. Das heißt, die Leiter der vier Berliner Ermittlungsteams entscheiden selbst darüber, welche Fälle sie bearbeiten und welche sie an andere Polizeidienststellen oder die Zollfahndung abgeben. Eine Gruppe bearbeitet dabei bereits seit rund fünf Jahren speziell den so genannten Kofferschmuggel aus der Türkei. Etwa 70 Verdächtige habe man hier im Visier, von denen bisher etwa 30 überführt und zu teilweise hohen Haftstrafen verurteilt wurden.

Um die Strukturen von groß angelegtem Drogenschmuggel aufzuklären, brauche man einen langen Atem, meint Berlins oberster Drogenfahnder Rüdiger Engler. „GER-Arbeit ist kein kurzes, schnelles Geschäft“. Insgesamt sind durch die Fahndungsarbeit der vier Gemeinsamen Ermittlungsgruppen in den vergangenen 25 Jahren mehr als 6.000 Verfahren eingeleitet worden, die Täter wurden in den meisten Fällen verurteilt. Die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft ist „ausgesprochen positiv“, sagt Engler. Daneben wurden rund 625 Kilo Heroin, 645 Kilo Kokain und ungefähr 4,2 Tonnen Cannabis beschlagnahmt.

Als erfolgreichste GER-Fälle der letzten Jahre nennt Engler einen Schlag gegen die „Netzstruktur“ des Türken Abdul Rahman K. in den Jahren 1996 bis 1998. Den Schmuggel von insgesamt 153 Kilo Heroin konnten ihm die Fahnder nachweisen, sicherstellen allerdings nur noch 10 Kilo. K. wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt, 17 seiner Komplizen bekamen Haftstrafen zwischen 6 und 10 Jahren. Weitere Erfolge gelangen der GER 1999, als sie rund 300 Kilo Kokain sicherstellen konnte, und ein Jahr später, als eine große „Indoor-Plantage“ für Cannabispflanzen ausgehoben wurde. Aufgefallen waren ihnen die Haschischfarmer durch „große Geldströme, die nach Holland geflossen sind“.

Aus den rund 20 Drogenfahndern von 1978 sind heute knapp 70 geworden. Verändert hat sich auch der Stellenschlüssel zwischen Polizisten und Zöllnern. Galt damals noch 2:1, so liegt er inzwischen bei nahezu 1:1, Leiter der vier einzelnen Ermittlungsgruppen ist jedoch immer ein Polizeibeamter. Längst ist das GER-Modell außerdem ein Berliner Exportartikel. „Es kamen bei uns ja ganz nette Jahresberichte zusammen“, sagt der geistige Vater der GER, Dieter Schenk, nicht ohne Stolz. Das habe die Innenministerkonferenz überzeugt. Unter den verschiedensten Bezeichnungen findet man gemeinsame Fahndungsteams daher heute in allen Bundesländern.