Gebt die Bank-Akten frei!

Der Untersuchungsausschuss zur Bankenaffäre fordert die von der Bankgesellschaft beauftragten Anwälte auf, ihr „Sperrfeuer“ zu beenden. Der Vorwurf: Sie behindern die Aufklärung des Skandals

von RICHARD ROTHER

Die von der Bankgesellschaft beauftragte Rechtsanwaltskanzlei behindert die Aufklärung des Bankenskandals. Diesen Vorwurf erhebt der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Bankenaffäre. Nach monatelangem Hin und Her hat das parlamentarische Gremium, dem alle fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen angehören, gestern erstmals diesen drastischen Schritt in die Öffentlichkeit gewagt. „So geht es nicht weiter“, begründete das PDS-Auschlussmitglied Freke Over das Vorpreschen. „Das Sperrfeuer muss beendet werden.“

Die von der Bank beauftragte Kanzlei habe die Aufgabe, die vom Ausschuss benötigten Beweismittel zügig zur Verfügung zu stellen, heißt es in der Erklärung des Gremiums. Diese Aufgabe werde „in der Praxis nur unzureichend erfüllt“. So habe der Ausschuss in der Vergangenheit drohen müssen, die benötigten Unterlagen von der Polizei beschlagnahmen zu lassen, um wenigstens eine freiwillige Herausgabe der Beweismittel an das zuständige Gericht zu erwirken.

Nunmehr werde versucht, die Zusammenarbeit des Ausschusses mit der Staatsanwaltschaft zu behindern, indem verlangt werde, „dass von der Staatsanwaltschaft gesammelte Beweismittel dem Ausschuss nur in einer zensierten und damit unbrauchbaren Ausfertigung zur Verfügung gestellt werden“. Dabei handele es sich um Unterlagen, in denen etwa die Namen verantwortlicher Personen geschwärzt seien, erläuterte gestern der Ausschussvorsitzende Frank Zimmermann (SPD). Dies seien aber zentrale Informationen.

Der Ausschuss erwartetet, dass die Anwälte der Bank ihre Rechtsbehelfe gegen Akteneinsichtsgesuche des Ausschusses zurücknehmen. Sonst werde das Gremium künftig von einer Zusammenarbeit mit der Kanzlei absehen. „Dann halten wir uns direkt an die Bank“, hieß es.

Wie nötig die Aufklärungsarbeit des Ausschusses ist, zeigte sich auch gestern bei der Vernehmung mehrerer Zeugen, die mit dem Immobilienfondsgeschäft der Bankgesellschaft betraut gewesen waren. Diese Geschäfte mit ihren marktunüblichen Miet- und Renditegarantien hatten die Bank an den Rand des Ruins gebracht, der nur durch Milliardenhilfen und -bürgschaften des Landes verhindert wurde.

„Wir haben gesehen, dass noch unmittelbar vor dem bitteren Ende im Jahre 2000 neue Probleme angehäuft wurden, anstatt Einsicht zu zeigen“, so der Ausschussvorsitzende Frank Zimmermann. Mit ihrer Devise „Futter für die Fonds“ hätten die Verantworlichen eine Art Schneeballsystem installiert.

Mittlerweile verdichtet sich beim Ausschuss offenbar die Annahme, dass die Chefs der Bankgesellschaftstochter IBG Informationen über Milliardenrisiken von Immobilienfonds nicht weitergeleitet haben. Es gebe „dringende Anhaltspunkte“ dafür, dass von Aufsichtsrat und Geschäftsführung das „ruinöse Schneeballsystem gefördert wurde“, sagte Zimmermann. Gegen die Betroffenen ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft.