Radfahrer, zurückbleiben!

Es wird immer schwieriger, mit Bahn und Bike ans Ziel zu gelangen. Wer mehrmaliges Umsteigen scheut, kann sein Rad als Kuriergepäck vorausschicken – kein billiges Transportvergnügen

von HELMUT DACHALE

Er war ein Hoffnungsträger des modernen Radtourismus: der ICE von Stuttgart nach Zürich. Zwei Stunden und 46 Minuten. Bis zum letzten Fahrplanwechsel nahm er Fahrräder mit, als einziger aller ICEs. Jetzt bleiben die Radler im Regen stehen. Denn ein ICE ist nun mal ein „Hochgeschwindigkeitszug“, verdeutlicht Claudia Wachowitz, stellvertretende Sprecherin Fernverkehr der Deutschen Bahn AG. „Der hat so kurze Haltezeiten, dass Fahrgäste mit Fahrrädern für Verspätungen sorgen könnten.“ Und außerdem nähmen sie anderen Bahnkunden die Plätze weg. Ein Fahrradabteil, so die bahneigene Sichtweise, verdränge 15 Sitzplätze.

Nach der Einstellung von etlichen Fernverbindungen in den letzten beiden Jahren, vor allem Interregios, ein neuer Rückschlag für die mal viel versprechende Beziehung zwischen Bahn und Bike. Karsten Hübener, Vorsitzender des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) spricht von einer „Verweigerungshaltung“ der Bahn. Darunter zu leiden hätten auch die „touristischen Regionen in Deutschland, die für Radurlauber mit dem Zug unerreichbar werden“. Er kündigt Widerstand an. Parole: „Jetzt sind wir am Zug“.

Bis der Kampf gewonnen ist, bleibt den Bahn-und-Bike-Reisenden nichts anderes übrig, als in die Züge einzusteigen, die sie noch mitnehmen. Das sind immerhin die meisten der Nahverkehrszüge. Für die Radmitnahme sind pro Strecke drei Euro zusätzlich zu zahlen, Sondertickets können günstiger sein. Und in einigen Bundesländern wird in Nahbereichen das Velo sogar kostenlos befördert. Im Fernverkehr kostet das Velo acht Euro (mit BahnCard sechs), auf internationalem Fahrradticket zehn. Nach wie vor ist die Direktverbindung zwischen etlichen Städten relativ problemlos. Ein paar Nachtreisezüge (etwa Berlin–Zürich, Hamburg–Zürich und Dortmund–Wien) werden überdies als Schmankerl serviert. Doch wer zum Beispiel aus Berlin oder Hamburg zu Mosel und Nahe will, wird mehrmals umsteigen und sein Fahrrad über viele Bahnhofstreppen schleppen müssen.

Clever wie die Bahn AG sein will, versucht sie die direkte Fahrradmitnahme noch durch andere Mittel einzuschränken. Als eine Alternative offeriert sie ihre Mieträder, zu finden an rund 250 Bahnhöfen oder in deren Nähe. Die Telefonnummern enthält die kostenlose „Bahn & Bike“-Broschüre, deren neueste Auflage für Mai angekündigt ist. Besonders schnelle Vermietung – mit Schlosscodes, die telefonisch zu erfragen sind – verspricht „Call a Bike“, der urbane DB-Service in München, Berlin und ab Mai in Frankfurt am Main. Da aber kaum jemand mit Mietrad auf einen längeren Radurlaub geht, versucht die Bahn, auch noch die Möglichkeit des Kuriergepäcks schmackhaft zu machen: Das Velo wird zu Hause abgeholt und über die Autobahn zum Zielort befördert, fällt also keinem Zug zur Last. Doch ob das die Reiseradler, bislang „treue Freunde der Bahn“ (ADFC-Mann Hübener), besänftigen kann, ist mehr als zweifelhaft. Mal abgesehen von der unökologischen Dimension, verlangt die Bahn fürs Kurier-beförderte Rad im Inland 23,50 Euro. Für eine Strecke, versteht sich. Und für jedes weitere Rad (bei gleicher Adresse) nochmals 18,40 Euro. Mehrwegverpackung und andere Specials sind gegen Aufpreis zu haben.

In welchen Zügen man sein Rad mitnehmen kann, erfährt man über die Radfahrer-Hotline (Tel. 0 18 05-15 14 15; 0,12 Euro pro Minute) oder über die Reiseauskunft unter www.bahn.de