Kein Schrott mehr in NRW

China kauft rigoros Altmetall auf und treibt die Preise. Automobil-Zulieferer in NRW stecken in Schwierigkeiten

Düsseldorf taz ■ Die Stahl verarbeitende Industrie in Nordrhein-Westfalen hat enorme Probleme mit dem Verkauf ihrer Produkte. Auslöser sind große Schrottzukäufe durch China. Der Preis für das begehrte Altmetall ist weltweit auf den höchsten Stand gestiegen, denn das bevölkerungsreichste Land der Erde kann für seine alten Stahlwerke nur die Hälfte des benötigten Schrotts selbst generieren. Rund 10 Millionen Tonnen kauft China im Jahr dazu.

Die mittelständischen NRW-Zulieferbetriebe für die Automobilindustrie und Maschinenbauer stecken jetzt in finanziellen Schwierigkeiten. „Da beginnt das große Zähneklappern“, sagt Friedrich Neuhaus, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbands der Stahl und Metallverarbeitung e.V. (WSM) in Düsseldorf. Der Preis für eine Tonne Schrott sei in den vergangenen Tagen auf 170 Euro gestiegen, so hoch wie noch nie zuvor. Dadurch verteuere sich auch der Stahlpreis erheblich, sagt Neuhaus, über 60 Euro pro Tonne.

Das können auch die großen Stahlwerke an Rhein und Ruhr nicht mehr unwidersprochen an ihre Kunden weitergeben, da die Margen und Preise bereits im Herbst des letzten Jahres festgelegt wurden. Damit werde auch die Liquidität der Firmen abgedreht, ein rentables Kaltwalzwerk in Hohenlimburg stand vor dem Aus, Friedrich Neuhaus sieht dunkle Wolken über den Stahlverarbeitern aufziehen. „Wir sind eine Branche, die viel Sorge hat, obwohl wir uns für den Wettbewerb gut aufgestellt hatten.“ Die modernen Stahlwerke in Europa brauchten fast keinen Schrottanteil mehr.

Richtig stöhnen müssen die Schmiedebetriebe in NRW. Sie befürchten einerseits wegen der Preissteigerungen Lieferengpässe, da sie nicht mehr ausreichend mit Vormaterial beliefert werden. Andererseits einen Einbruch bei den Erlösen. „Früher wurden die Kosten für den Schrottanteil im Stahl eins zu eins an die Kunden weitergegeben“, sagt Theodor L. Tutmann in Hagen. Er ist Generalsekretär bei Euroforge, dem europäischen Verband der Massivumformer. Das habe immer so funktioniert. Doch jetzt, wo die Preise für die sogenannten Schrottanhänge, die 20 Prozent des Stahlpreises ausmachen, in den letzten Tagen so dramatisch gestiegen seien, sei alles anders. Automobilhersteller wie Opel und Ford stellten sich jetzt quer, wollen das nicht mehr bezahlen. Euroforge appelliert bereits an die Großkunden und fordert eine „faire Lösung des Problems“.

Doch viel Hoffnung gibt es angesichts der Rabattschlachten auf dem Automobilmarkt nicht. Die Autohersteller weigern sich, höhere Preise für Zulieferprodukte zu zahlen. „Die Wettbewerbsfähigkeit der Branche wird weiter leiden, wenn ihnen die zusätzliche Kostenbelastung aufgebürdet werden“, sagt Tutmann. Viele mittelständische Betriebe in NRW seien bereits akut in Gefahr. PETER ORTMANN