Tourismus wird unbezahlbar

Die Ruhrgebiets-Tourismusgesellschaft steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Die NRW-Landesmittel versiegen und die großen Städte im Revier drücken sich um ihre Beiträge an die Gesellschaft

VON PETER ORTMANN

Es kann sein, dass es im nächsten Jahr keine Hochglanzprospekte über Ruhrgebietsreisen mehr gibt. Und auch keine touristische Messebeteiligung quer durch Europa. Es kann sogar sein, dass es die Ruhr Tourismus GmbH (RTG), die das alles organisiert, auch nicht mehr gibt. Das Land streicht 2006 die Fördermittel und die großen Städte im Ruhrgebiet sind sich momentan nicht sicher, ob sie den Tourismusvermarkter noch brauchen.

„Sollten die Städte ihr Engagement nicht verstärken, dann müssen wir uns um die Zukunft Gedanken machen“, bestätigt Jürgen Steiner, Geschäftsführer der RTG das Dilemma, in dem sich seine Tourismusorganisation befindet. Initiiert 1998 von Ex-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD), wurde sie anfangs mit einer 2,5 Millionen Euro Anschubfinanzierung pro Jahr ausgestattet. Die Projektförderung ist inzwischen auf eine Million Euro gesunken. „Erwartet wurde damals aber auch ein erkennbares Engagement aus der Region“, sagt Steiner. Wenn das Ruhrgebiet Metropolregion sein will, reiche das Geld nicht aus, sagt Steiner, „auch wenn wir 60 Prozent unseres Etats selbst erwirtschaften.“ – „Die öffentlichen Gelder müssen weiter fließen“, sagt Robert Datzer, Geschäftsführer des NRW-Tourismus Dachverbands. Alle Überlegungen, den Ruhr-Tourismus selbst zu finanzieren, werden nicht funktionieren. Das sei auch Wirtschaftsförderung und nicht nur eine freiwillige Leistung der Städte.

Mit einem Trick sparen sich die Städte zurzeit einen Teil der Beiträge an die RTG. Seit 2002 ist die auch eine Kommanditgesellschaft. Mit einer preiswerten Mindesteinlage von 2.500 Euro pro Jahr sollten private Gesellschaften, wie Flughäfen oder Hotelketten zum Beitritt animiert werden. Doch auch die großen Städte im Ruhrgebiet nutzen diese Möglichkeit über ihre ausgelagerten Stadtmarketing-Gesellschaften und zahlen nur den Kommanditanteil. Viele kleine Kreise und Kommunen zahlen aber höhere Beiträge anhand eines Einwohnerschlüssels und fühlen sich ungerecht behandelt. „Das ist auch keine Gleichbehandlung“, sagt Steiner, das müsse geglättet werden. Gerd Willamowski, der Präsident des Kommunalverbands Ruhr (KVR), hat deshalb an die großen Städte im Ruhrgebiet einen Brief geschrieben, in dem er ein gesteigertes Engagement anmahnt. „Wir bemühen uns um weitere Kommanditanteile, um die Finanzierung des Ruhrtourismus auf breiter Front zu erhöhen“, bestätigt Jens Hapke, Sprecher des KVR. Der ehemalige Siedlungsverband wird Ende des Jahres per Gesetz zum Regionalverband Ruhr (RVR). Im Paragrafenwerk soll der Tourismus als Pflichtaufgabe der Region festgeschrieben werden. „Dann würde sich alles über die Verbandsumlage bei den Städten regeln“, sagt Hapke. Doch soweit ist es noch nicht.

„Wir würden nach unserem Einwohneraufkommen zahlen, wenn die anderen Städte mitziehen“, sagt Thomas Sprenger, der Bochumer Stadtsprecher. Die Statements aus Essen oder Dortmund klingen ähnlich. „Wenn das Ruhrgebiet keine Metropolregion sein will, reicht das Geld“, sagt Jürgen Steiner. Dann würde die RTG sich aber auf wenige Projekte wie die Extraschicht oder Sportboottourismus beschränken und alle anderen Aktivitäten einstellen. Die Serviceplattform, an der momentan noch alle Anteil haben, fiele dann weg. „Wir sehen das nicht blauäugig“, sagt Steiner.