WOCHENÜBERSICHT: KONZERT
: Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Derhalben jauchzt, mit Freuden singt: Den experimentellsten Ansatz in der Musik findet man derzeit unzweifelhaft draußen in den Straßen der Stadt, auf den Weihnachtsmärkten, unter traurigen Tannen. Überall, wo sich diese musikalisch marodierenden Kinder mit ihren Hörnern, Geigen und Flöten beherzt die Weihnachtsliedklassiker vorknöpfen, von denen sie in unerbittlichen Dekonstruktionen gern nurmehr eine Hookline übrig lassen. Müsste man mal ein Album zusammenstellen, Berliner Kinder kämpfen gegen Weihnachtslieder, im Plattenladen einzuordnen unter „unglaublich seltsame Musik“. Aber manchmal will man auch eigenwillige Musik hören, die von wirklich kompetenten Musikern verfertigt wird, und dafür hätte man mit Pas Chic Chic und deren ans Gemüt gehenden Orgeln und Beat-Pomp so ein tolles Plüschgefühl, in dem man sich zuletzt in den Endsechzigern mit den Liedern von Michel Polnareff oder mit Johnny Hallyday in seiner psychedelischen Phase einrichten durfte. Retrofuturistischer Franzosenpop, der ganz aktuell aus dem kanadischen Montreal kommt, unter Beteiligung von Musikern von Godspeed You! Black Emperor. Das der eher flott fingerschnippende Teil des Montagabends im Festsaal Kreuzberg, an dem Hrsta gleichfalls aus Montreal mit weiteren Godspeed-Anteilen und einer Art Klangschalen-Hardcore für den Wiegeaspekt sorgen. Die Instrumentenliste bei Carrie Erving riecht mit Ukulele, Glockenspiel oder Spielzeugklavier ein wenig nach verspielter Putzigkeit, aber dann ist es doch schön, dass auf ihrer Debüt-CD statt der Niedlichkeit Lieder zu hören sind, die in ihrer anrührenden wettergegerbten Zartheit zumindest den Gasthörerstatus auf einem beliebigen Album von Giant Sand (zu denen mehr zwei Seiten weiter vorn) verdient hätten. Am Donnerstag stellt Erving „Lonely Girl at Heart“ im L.U.X. vor.

Pas Chic Chic, Hrsta: Festsaal Kreuzberg. Mo., 21 Uhr. 15 €

Erving: L.U.X., Do., 21 Uhr