Raucher sind gut für die Konjunktur

Am 21. Mai soll Deutschland eine Rahmenkonvention der Weltgesundheitsbehörde unterschreiben. Sie soll die Zigarettenwerbung einschränken. Doch offenbar will die Regierung ihre Unterschrift verweigern. Proteste aus EU-Ländern

von PHILIPP DUDEK

Keiner will es gesagt haben. Trotzdem mehren sich seit Anfang letzter Woche die Gerüchte, Deutschland könnte sich weigern, die Tabakrahmenkonvention der Weltgesundheitsbehörde (WHO) zu unterschreiben.

Erst Anfang März konnten sich die Vertreter von mehr als 170 Ländern auf einen Kompromisstext einigen. Die „Rahmenkonvention gegen das Rauchen“ stellt jetzt das Verbot und die Einschränkung von Tabakwerbung auf eine Stufe. Länder, deren Verfassung ein Werbeverbot nicht erlaubt, sollen demnach die Tabakwerbung entsprechend einschränken. Vor allem Deutschland, Japan und die USA hatten sich gegen ein absolutes Werbeverbot gestemmt.

Offiziell will Deutschland den Kompromisstext am 21. Mai unterzeichnen. „Das ist in Stein gemeißelt“, heißt es dazu aus dem Gesundheitsministerium. Doch vermuten die Anti-Raucher-Lobbys ihren Gegner auch nicht im Gesundheitsministerium, sondern im Kanzleramt. Hinter den Kulissen scheinen sich Mitarbeiter aus dem Kanzleramt darum zu bemühen, dass der Text ein weiteres Mal abgeändert wird. Offiziell heißt es allerdings auch dort: „Die Konvention wird, wie sie ist, am 21. Mai in Genf unterzeichnet.“

Derweil hat schon das bloße Gerücht, Deutschland könnte sich bei der Tabakrahmenkonvention wiederholt quer stellen, eine Welle des Protests losgelöst. So mahnte die British Medical Association (BMA) in einem offenen Brief an die EU-Gesundheitsminister: „Deutschland droht zu diesem späten Zeitpunkt die gesamte Konvention entgleisen zu lassen. Wir rufen Deutschland dazu auf, die Konvention nicht weiter zu blockieren.“ Da die EU den Vertrag nur geschlossen unterzeichnen kann, mehren sich die Stimmen aus dem EU-Ausland, Deutschland würde sich mit seiner Verweigerungshaltung nicht nur selbst isolieren, sondern die gesamte EU.

Für Johannes Spatz vom Forum Rauchfrei in Berlin ist klar, dass die Bundesregierung nach wie vor nach ökonomischen Gesichtspunkten handelt. „Aus gesundheitspolitischer Sicht ist diese Haltung auf jeden Fall nicht zu erklären.“ Der Konventionstext müsste sogar noch verschärft werden. „Was die Tabakwerbung betrifft, ist der Text ein fauler Kompromiss. So wie er jetzt ist, würde sich in Deutschland nahezu nichts ändern.“ Dabei könnte der Tabakkonsum durch ein Werbeverbot um 8 Prozent zurückgehen. „Das würde weltweit rund 10.000 Menschen jährlich das Leben retten“, sagte Spatz.

Nach Angaben der WHO starben im Jahr 2002 weltweit 4,9 Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Jedes Jahr werden 1,2 Millionen neue Lungenkrebsfälle diagnostiziert.