Indonesischer Islamist Baschir bald frei

Gericht reduziert Haftstrafe des Geistlichen, dem Verbindung zu Bali-Anschlägen nicht nachgewiesen werden konnte

BANGKOK taz ■ Abu Bakar Baschir winkt schon in wenigen Wochen die Freiheit. Der islamistische Geistliche soll voraussichtlich am 4. April aus der Haft entlassen werden – einen Tag vor Indonesiens Parlamentswahlen. Ein halbes Jahr nach seiner Verurteilung wegen Beteiligung am Hochverrat verkürzte das Oberste Gericht gestern erneut Baschirs Haftstrafe. Das Strafmaß sei nun auf insgesamt 18 Monate begrenzt worden, sagte ein Gerichtssprecher in Jakarta. Eine Begründung nannte er nicht.

Baschir war Anfang September 2003 zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Im November allerdings kippte ein Berufungsgericht die Verurteilung wegen Landesverrats und reduzierte das Strafmaß auf drei Jahre.

Baschir war kurz nach den Bali-Terroranschlägen im Oktober 2002 verhaftet worden. Eine direkte Verbindung zu den Anschlägen, bei denen 202 Menschen starben, konnten ihm Ermittler und Justiz bis heute nicht nachweisen. Stattdessen wurde ihm damals vorgeworfen, zu Bombenattentaten auf christliche Kirchen im Jahr 2000 aufgerufen und die Ermordung der damaligen Vizepräsidentin Megawati Sukarnoputri geplant zu haben.

Der 65-jährige Baschir gilt als mutmaßlicher geistiger Führer der regionalen Terrororganisation JDschamaa Islamija (JI). Die JI, der die Bali-Anschläge als auch das Attentat auf Jakartas Marriott-Hotel im August 2003 nachgesagt werden, soll enge Kontakte zum Terrornetzwerk al-Qaida haben. Im Prozess konnte Baschir aber nicht als Kopf der JI überführt werden, obwohl einige seiner früheren Schüler als Täter identifiziert werden konnten. Beobachter hatten schon das damalige Urteil als viel zu milde kritisiert und der indonesischen Justiz Versagen in der Terrorbekämpfung vorgeworfen. Damit aber hatten die Kritiker nur bedingt Recht. Zwar gilt die Rechtsprechung Indonesiens nach wie vor als marode und von politischen Kalkülen abhängig. Doch die Crux im Baschir-Verfahren bestand darin, dass eindeutige Beweise für dessen Schuld nie erbracht werden konnten – wohl auch nicht zuletzt aufgrund eines fehlenden Zugangs der indonesischen Justiz zu im US-Gewahrsam befindlichen Zeugen. Abgesehen davon hatte der 65-Jährige stets jede Verwicklung in die Anschläge bestritten.

Hätten die Richter Baschir ohne schwerwiegende Beweise zu langjähriger Haft verurteilt, wäre dies kaum rechtsstaatlich gewesen und hätte im an Verschwörungstheorien reichen Indonesien radikal-islamistischen Tendenzen womöglich weiteren Auftrieb gegeben. Die wäre angesichts der bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im April und Juli umso prekärer gewesen. NICOLA GLASS