Rot-grüne Koalition beerdigt Sterbegeld

Leistung im Todesfall wird jetzt gänzlich abgeschafft. Gespaltene Reaktionen auf Erhöhung der Tabaksteuer

BERLIN ap/dpa/taz ■ Auch die höhere Tabaksteuer kann das Sterbegeld nicht mehr retten. Einen Tag nach den Beschlüssen zur Gesundheitsreform ließ Ministerin Ulla Schmidt (SPD) gestern mitteilen, dass die Kassen im Todesfall kein Geld mehr an die Angehörigen auszahlen. Dadurch sollen rund 400 Millionen Euro eingespart werden. Schon bisher wurde das Geld nur noch für Versicherte gezahlt, die vor dem 1. Januar 1989 Mitglied der Sozialversicherung waren. Es betrug für Selbstversicherte 525 Euro und für Familienversicherte 262,50 Euro.

Die Erhöhung der Tabaksteuer, die nach dem Willen der rot-grünen Koalition die Krankenkassen von versicherungsfremden Leistungen entlasten soll, stieß gestern auf geteilte Reaktionen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg Dietrich Hoppe, begrüßte die Entscheidung. Wenn es gelinge, Jugendliche über den höheren Preis vom Rauchen abzuhalten, „dann wäre aus unserer Sicht viel gewonnen“. Auch der Verband der Angestellten-Krankenkassen äußerte Zustimmung.

CDU-Chefin Angela Merkel zeigte sich dagegen empört. „Da verschlägt es einem doch die Sprache“, sagte sie. Mit der Steuererhöhung gehe die Regierung die Probleme von der falschen Seite her an. Neben dem Verband der Zigarettenindustrie sorgte sich auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten um die Jobs in der Branche. „Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel“, sagte ihr Vorsitzender Franz-Josef Möllenberg. DGB-Chef Michael Sommer kritisierte: Es würden wieder die Verbraucher und die Arbeitnehmer herangezogen, „und ich halte diesen Weg nicht für richtig“.

Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit den neuen Preisen von rund 4 Euro je Schachtel Zigaretten weiter im Mittelfeld. Am teuersten ist die Packung in Norwegen mit 8,30 Euro, in Großbritannien kostet sie im Schnitt 6,40 Euro. Überrundet hat die Bundesrepublik jetzt das Nachbarland Frankreich, wo die billigsten Marken schon für 3,40 Euro zu bekommen sind. In Griechenland, Spanien und Tschechien kosten einheimische Fabrikate 1,40 bis 1,50 Euro. In Polen gibt es Zigaretten bereits ab 81 Cent.

In der Debatte kommen jetzt auch Forderungen nach weiteren Steuererhöhungen auf. Der Bundesverband der Innungskrankenkassen forderte eine höhere Steuer auf Alkohol. „Wenn wir Tabakwaren stärker besteuern, muss Gleiches auch für Alkohol gelten“, sagte Verbandssprecher Rolf Stuppardt. Ein Sprecher Ulla Schmidts beteuerte dagegen, weitere Steuern auf gesundheitsschädliche Produkte seien nicht geplant. „Über eine Zuckersteuer oder eine Süßigkeitensteuer wird nicht nachgedacht“, sagte er.

Daneben nannte Schmidt weitere Details der geplanten Gesundheitsreform. Bei Arzneimitteln soll die Zuzahlung der Patienten je nach Packungsgröße auf 4, 6 oder 8 Euro steigen. Patienten, die immer zuerst zum Hausarzt gehen oder an einem der neuen Spezialprogramme für chronisch Kranke teilnehmen, sollen entlastet werden. Sie müssen nur die halbe Zuzahlung entrichten – also 2, 3 oder 4 Euro. Bisher liegen die Beträge bei 4 Euro für die kleine, 4,50 Euro für die mittlere und 5 Euro für die große Packung. RAB