Nach Baustelle jetzt Umzugs-Chaos

Lehrer des Gymnasiums Obervieland sind mit ihrer Geduld am Ende: Nach einem Jahr Baulärm während des Unterrichts soll die Schule im Sommer in das leerstehende Schulgebäude Huckelriede verlegt werden. „Wir sind alle hochgradig geladen“

taz ■ Kurz nach den Osterferien wurde das Kollegium am Gymnasium Obervieland zu einer Konferenz zusammengerufen. Seit Monaten ist diese Schule eine große Baustelle, „wochenlang sind einzelne Abschnitte versifft, verdreckt, verstaubt“, erzählt ein Lehrer. Da musste unterrichtet werden, während auf dem Flur nebenan geflext oder Kies auf dem Flachdach abgekippt wurde. „Bald sind wir durch damit“, dachten die Lehrer: Teppichboden ist drin, die Maler waren da, die Wände sind schön weiß gestrichen.

Da eröffnete ihnen der Schulleiter: Die Zwischendecken in Obervieland müssten noch rausgerissen werden, und zwar überall. Die Wände genügten in ihrem oberen Bereich über den Zwischendecken nicht dem Brandschutz. Die Nachricht schlug beim Kollegium wie Donner ein: „Wir sind alle hochgradig geladen“, sagt einer. Vor allem: Wenn jetzt an Decken und Wänden gearbeitet werden muss, können die Maler hinterher gleich wieder kommen. Wäre es da nicht sinnvoller gewesen, erst die Decken zu machen und dann das Linoleum zu erneuern und zu streichen?

„Das hätten wir auch gerne gehabt“, sagt die für Baufragen zuständige stellvertretende Leiterin des Schulzentrums, Sabine Elfers. Die Lehrerkonferenz beschloss also, dass ein weiteres Schuljahr mit Baulärm unerträglich ist. Konsequenz: Das gesamte Gymnasium wird im Sommer umziehen – in das leerstehende Schulgebäude Huckelriede.

Vor allem die unter den Lehrern, die vor sieben Jahren im Schulzentrum Huckelriede ihre Sachen packen mussten, weil das Gebäude angeblich verkauft werden sollte, konnten sich ein verbittertes Schmunzeln nicht verkneifen. Und einige Lehrer der Haupt- und Realschulklassen im Schulzentrum fürchten: „Jetzt verlässt uns das Gymnasium.“ Denn unbestritten ist das Schulgebäude Huckelriede überschaubar und sehr gut für Schulen geeignet – während Pädagogen das anonyme Sichtbeton-Monstrum in Obervieland mit seinem fensterlosen „Aufenthaltsbereich“ als Skandal gilt. Die Obervieländer hatten aber nicht so viel Glück wie die Gesamtschule West, die aufgrund der Asbest-Funde abgerissen werden konnte. Bei dem Baudreck der letzten Monate ging es um umfangreiche PCB-Sanierungen und eine normale Renovierung – einen Umbau, der pädagogischen Überlegungen gefolgt wäre, gab es nicht. Gymnasium, Schulzentrum der Sekundarstufe I und Orientierungsstufe bilden einen unüberschaubaren Bereich. Und so bleiben alle Probleme der Anonymität des pädagogischen Großbetriebes erhalten. Dass der Bau nach den neuen Feuerschutzbestimmungen, die nach der Brandkatastrophe auf dem Düsseldorfer Flughafen modernisiert wurden, nicht entspricht, habe man von Anfang an gewusst, sagt der Sprecher des zuständigen staatlichen Baubetriebes „GBI“ (Gesellschaft Bremer Immobilien).

Auch die beiden Bauphasen – erst unten anstreichen, dann oben die Decken erneuern – seien bewusst geplant worden. Die Kosten lägen bei vier Millionen Euro. Der Architekt habe erst die Sanierung der oberen Mauerbereiche auch „unter laufendem Unterrichtsbetrieb“ geplant. Sonst hätten die Obervieländer weitere zwei Jahre unter dem Baulärm leiden müssen – die Schule habe das abgelehnt.

„Ein Glücksfall“, sagt Hermann Busse, der zuständige Mann für „Controlling, Effektivitäts- und Wirtschaftlichkeitsanalyse“ beim Bildungssenator, dass das Schulgebäude Huckelriede gerade im Sommer leer wird. Dass die zwei Bauabschnitte von vornherein in dieser Folge geplant worden seien, sieht er nicht so.

„Als die abgehängten Zwischendecken geöffnet wurden“, um PCB-verseuchte Mineralfasern zu entnehmen, sei das Brandschutzproblem über den Zwischendecken erst überraschend aufgefallen. Die GBI müsse den neuen Bauabschnitt und den Umzug zahlen, sagt das Bildungsressort. Dort gebe es einen großen Topf für die Sanierung von neun Schulen.

Und wie lange bleibt das Gymnasium Obervieland in dem schönen Huckelrieder Schulgebäude? „Wir gehen optimistisch von Dezember aus“, sagt die für die Baufragen zuständige Vize-Schulleiterin Elfers. Aber bisher seien die Zeitpläne beim Umbau auch nicht eingehalten worden. Im Januar sollen, so die Planung der GBI, die Baumaßnahmen in Huckelriede beginnen, damit im Sommer 2004 dort die Schulen Kornstraße und Gottfried Menken-Straße einziehen können.

Kawe