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: Am Tag des offenen Tores zeigt die Bundesliga internationale Klasse

Fußballfeinkost aus dem Land der Dichter und Denker

Mächtig wurde europaweit und insbesondere auch hierzulande in den letzten Wochen auf die bösen Italiener eingeschlagen, weil diese Catenaccio-Schufte so garstig defensiven Fußball spielen und damit unwürdigerweise gleich drei Mannschaften ins Halbfinale der Champions League mogeln konnten.

Andere Länder mögen ja vielleicht nach der Devise „erst meckern, dann selber dicht machen“ verfahren, die Bundesliga jedoch belässt es nicht bei bloßen Worten, sondern schreitet munter zur Tat. So war am Samstag allenthalben zu bewundern, welch hübsche Blüten der Verzicht auf jegliches Abwehrverhalten treiben kann. 30 Tore in sieben Spielen, da kann der Italiener nur noch dumm glotzen, und selbst bei der Eishockey-WM wurde manch einer ganz blass.

Irgendwie muss man sich ja auch die Zeit vertreiben, wenn die drängenden Fragen der Liga, Meisterschaft und Abstieg, fast vollständig entschieden sind und solch grauenhafte Vokalbeln wie Uefa-Cup-Platz oder gar UI-Cup dafür herhalten müssen, wenigstens einen Anschein von Spannung zu vermitteln. Als würde es jemanden interessieren, wer nächste Saison im Loser-Cup gegen Viktoria Zizkov, Odd Grenland oder Gençlerbirligi spielen darf.

Da der vierte Champions-League-Platz wegen europäischer Erfolglosigkeit in immer weitere Ferne rückt, gilt es ohnehin, sich andere Gebiete zu suchen, auf denen der deutsche Fußball eine Führungsrolle übernehmen kann. Da bietet sich im Land der Dichter und Denker natürlich in erster Linie die Literatur an. Vorbildlich zum Beispiel die Arbeit des Autors Stefan Effenberg. Sie erinnern sich? Dieser leicht überdurchschnittlich begabte Ex-Kicker, der im ewigen Ranking deutscher Fußwerker ziemlich genau auf Platz 27 liegt – knapp vor Paul Breitner, aber deutlich hinter Felix Magath – und längst vergessen wäre, hätte er nicht rechtzeitig sein schriftstellerisches Talent entdeckt. Besonders genial die Idee, extra für Analphabeten und vor Aufregung rotierende Feuilletonisten vorab in kleinen Häppchen eine leicht verständliche Volksausgabe seines ambitionierten Werkes in Wort und Bild zu präsentieren. Ein Werk, mit dem er berühmte Vorläufer wie Dino Zoff („Ich habe alles gehalten“), Roy Keane („Ich habe nach allem getreten“) und Eric Cantona („Ich auch“) locker in den Schatten stellt. Der Antrag des DFB an die Uefa soll im Übrigen schon unterwegs sein: Literarisches Quartett statt Champions-League-Halbfinale – dann ist auch Deutschland wieder dabei.

MATTI LIESKE