„Das ist die Art von Schill“

Der Togolese John Agbolete ist in Sicherungshaft genommen worden – die juristische Grundlage ist unklar

Bremen taz ■ Eine Sperre aus vier Polizeiwagen bildeten gestern früh Bremer Beamte, um John Agbolete festzunehmen. Der Flüchtling befand sich auf dem Weg zur Ausländerbehörde, um seinen Duldungsstatus zu verlängern.

Im Rücken hatte der Togolese eine einstweilige Anordnung vom Bremer Verwaltungsgericht für eine zweimonatige Duldung. Diese Anordnung war am vergangenen Freitag deswegen erteilt worden, weil sich das Gericht nicht über die Reisefähigkeit Agboletes im Klaren war. Ein Gutachten der Innenbehörde, nachträglich in Auftrag gegeben, war zu dem Schluss gekommen, dass der Afrikaner reisefähig sei. Dabei wurde erstmals ein Privatmediziner zu Rate gezogen, der – kritischen Stimmen zu Folge – für derartige Aufgaben nicht ausgebildet sei. Die gängige Praxis sieht deswegen vor, Amtsärzte mit solchen Untersuchungen zu betrauen, die über Fachwissen im Bereich „Interkulturelle Medizin“ verfügen. „Dieser Mediziner hat so begutachtet, wie es der Auftraggeber sehen wollte“, schimpft Günter Werner, der Anwalt des Afrikaners, über dieses Vorgehen.

Dem Haftbefehl liegt die Annahme zu Grunde, Agbolete könnte sich der Abschiebung entziehen, indem er sich wieder ins Kirchenasyl flüchte. Für Werner eine Farce. Sein Mandant sei legal in Deutschland, besitze seit langem einen Duldungsstatus und melde sich treu bei der Ausländerbehörde. „Es gibt überhaupt keinen Grund ihn festzunehmen. Das ist jetzt eine Art Beugehaft“, ereifert sich der Rechtsanwalt. Und das, obwohl der Innenbehörde die Anordnung vom Verwaltungsgericht bekannt sei. Für Werner ein bedrohliches Signal: „Das ist neu für Bremen, das ist die Art von Schill.“

Woher der neue, scharfe Wind weht, ist für den Juristen indes eindeutig: „Mir ist deutlich übermittelt worden, dass diese Vorgehensweise von oberster Stelle, also von Innensenator Thomas Röwekamp (CDU), angeordnet wurde.“ Trotzdem beschreibt der Anwalt seinen Eindruck, dass viele Angestellte der Innenbehörde den Vorgang nicht nachvollziehen könnten.

Auch Matthias Güldner, Fraktionsvize der Bremer Grünen, kritisierte den Innensenator scharf: „Es war schon fahrlässig genug, die Reisefähigkeit des Flüchtlings durch einen dafür nicht ausgebildeten Mediziner begutachten zu lassen.“ Die Abschiebehaft sei deswegen reine Schikane.

Nach Angaben von Markus Beyer hingegen, Sprecher des Inneressorts, sei Agbolete vollziehbar ausreisepflichtig, wie es juristisch heißt. Der Haftbefehl sei vom Amtsrichter bestätigt worden und fuße auch auf der Reisefähigkeit des Flüchtlings. HSC