Den Galoppern fehlen die Pferde

Zwischenbericht über Galopp-Trainingsbahn liegt vor. Solange die Auslastung unsicher ist, investiert Jacobs nicht. Und ganz sicher kommen nur die Pferde von Frau Haller

Bremen taz ■ Seit Jahren plant und verhandelt das Bremer Wirtschaftsressort über die Verlagerung des Trainingsbetriebes aus der Galopprennbahn auf ein neues 46,8 Hektar großes Gelände in der Arberger Marsch. „Das Projekt ist unrentabel“, hatte der Rechnungshof einmal klipp und klar festgestellt. Doch der Abschied fällt der Wirtschaftsbehörde schwer. Denn starke Interessen verbinden sich mit der Idee, in Bremen die modernste Trainingsanlage Norddeutschlands auf Staatskosten zu bauen, solange der Bund noch Sanierungshilfe zahlt: Frank Haller, der frühere Bremer Staatsrat, ist Vorsitzender des Rennvereins, seine Frau besitzt Pferde, die in Bremen trainiert werden sollen, und seine frühere Mitarbeiterin und Stellvertreterin Martha Pohl sitzt auf der entscheidenden Referatsleiter-Stelle im Wirtschaftsressort.

Gestern lag der Wirtschaftsdeputation ein 22-seitiges Papier des Wirtschaftsressorts vor, dass das Projekt „Neue Trainingsgalopprennbahn“ in höchsten Tönen lobt – und sich gleichzeitig schon mit dem Gedanken anzufreunden scheint, dass sie nicht kommt. Der einzige, der das offen sagt, ist der grüne Oppositions-Abgeordnete Klaus Möhle: „Das ist ein teurer Wahnsinn. Ich bin strikt dagegen – für welche Pferde soll das denn sein?“ sagt er. Bisher hat das Wirtschaftsressort schon 788.500 Euro Planungsgelder ausgegeben, der eigentliche Bau der Anlage soll aber privat finanziert werden. Mit 60 Cent monatlicher Pacht pro Quadratmeter muss der private Investor auch zu den Grundstückskosten beitragen – Bremen hat das Gelände für 8,9 Millionen Euro gekauft.

Aber Hauptinvestor Andreas Jacobs ist ein Kaufmann und rechnet genau: Die Wirtschaftlichkeit müsse „unbedingt sichergestellt“ sein, sagt er, das bedeutet: 150 Boxen müssen vermietet sein, sonst läuft nichts.

Die alte Planung war in Frage gestellt worden, als Pferdemäzen Jacobs für seinen renommierten Trainer Wöhler eine Anlage in Ravensbrück übernahm. Wöhler geht Ende des Jahres mit seinen 50 Pferden weg. Dafür würde der Trainer Vovcenko aus dem Umland nach Bremen umziehen, verspricht das Wirtschaftsressort, der habe „erheblichen Zuspruch von Besitzern erhalten“ für einen Umzug nach Bremen. Was das interne Senatspapier verschweigt: Einer der Besitzer, deren Pferde Vovcenko trainiert, ist die Frau des ehemaligen Staatsrates Haller.

Der offenkundige Filz macht andere Trainer wie Hubertus Fanelsa sauer. Schon lange nimmt er kein Blatt mehr vor den Mund. „Der einzige treibende Keil ist doch Haller“, schimpft der. Für die Trainer würde der Umzug am Ende sehr teuer, da die Kosten in der neuen modernen Anlage natürlich steigen. Im Berliner Hoppegarten wurden die Preise gerade um die Hälfte gesenkt – weil eine große Krise herrscht im Galopp-Rennsport. „Gigantomanismus“ sei das, was Haller treibe, sagt Fanelsa.

Auch in dem Papier der Wirtschaftsbehörde ist von der Krise die Rede. „Rennbahnbezogene Überkapazitäten“ gebe es, ganze Trainingsbahnen machten dicht. Daraus wird aber der Schluss gezogen, dass Bremen als Gewinner aus der Krise hervorgehen könnte – wenn der Staat kräftig investiert. Und wenn Jacobs mitzieht. Klaus Wolschner