„Wuidmoser. Wer du?“

Karl-Heinz Wildmoser führte seinen Verein „1860 München“ wie einen byzantinischen Frisiersalon: abgesichert durch getreue Untergebene, grimmig und hintenrum. Wie‘s der Bayer halt so macht

VON PHILIPP MAUSSHARDT

Leiden konnte ihn eigentlich noch nie niemand. Und die wenigen, die Karl-Heinz Wildmoser als ihren „Freund“ bezeichneten, sind abgetaucht oder sagen, dass sie nichts sagen. Der Präsident des ewig zweiten Münchner Fußballclubs war sich stets selbst genug und in seiner bullig-bärbeißigen Art posierte der Löwenpräsident gerne mit grimmiger Miene: „Wuidmoser. Wer du?“

Nichts gegen den ehrenhaften Beruf des Metzgers. Aber in Bayern eignet sich dieses Handwerk offenbar ganz besonders, um wichtige Positionen in Staat und Gesellschaft zu bekleiden. Strauß kam aus einer Metzgerdynastie, Wildmoser ist gelernter Metzger und sein Stellvertreter im Verein, Kurt Sieber, der ihn wahrscheinlich beerben wird, auch. Eine gewisse Gewaltbereitschaft ist ja auch von Vorteil, wenn man seinen Sessel an der Spitze verteidigen muss.

Die Vereinszentrale des ehemaligen Arbeitervereins „1860 München“ wurde unter Wildmoser in den Gasthof „Hinterbrühl“ verlegt. Dort empfing er Gäste und dort entschied der Löwenboss, was für „seinen“ Verein das Beste sei. Dort heuerte und feuerte er auch Trainer Werner Lorant, der ihm im Wesen glich: unfreundlich, grimmig und hintenherum. Aufmüpfige Vereinsmitglieder wurden von Wildmosers wenigen, aber treuen Vasallen aus dem Verein gemobbt. Spieler, wie Mani Schwabl, die sich gegen den patriarchalen Führungsstil auflehnten, wurden geschasst.

Vom Trainingsgelände der blauen Löwen bis zu demjenigen der roten Bayern ist es nur einen Steinwurf. Nicht nur deshalb litt der Sonnenkönig Wildmoser darunter, dass im Schatten des dort regierenden Kaisers nur selten ein Lichtstrahl für ihn selbst übrig blieb. Immer der Zweite zu sein und zu bleiben war für den Wirt aus München schon schwer zu verkraften. Geld, viel Geld hätte da das Minderwertigkeitsproblem etwas lindern können.

Mit dem Gasthof „Hinterbrühl“, dem Traditionsgasthaus „Donisl“ direkt am Marienplatz und einem Hotel am Starnberger See war er ja immerhin schon wer. 200 Angestellte sind auch in München nicht nix – doch so richtig zum Mitglied im lokalen Establishment zählte der Aufsteiger nie. Da gehören an der Isar noch ein paar Milliönchen mehr dazu. Dass Wildmoser beim „Aufschwung Ost“ zu den vielen Spekulanten gehörte, die sich hohe Renditen nebst Steuerersparnissen versprachen, wusste man spätestens, als er auch noch seinen Trainer Lorant für die angeblich lohnenden Immobiliengeschäfte gewann. Lorant ist darüber bis heute sauer. Die Büros und Wohnungen in Dresden und Umgebung stehen meist leer.

Zum „System Wildmoser“ zählte die Absicherung des Präsidentenamts durch getreue Untergebene und Familienmitglieder. Was in zentralasiatischen Republiken funktioniert, war jahrelang auch an der Isar geübte Praxis – ohne nennenswerte Gegenwehr. Selbst Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, der jetzt furchtbar erschüttert ist und dicke Krokodilstränen vergießt, war als Mitglied des Vereins nie ein Korrektiv gegen dessen mafiose Strukturen.

Dass beispielsweise ein „Heinzi“ nur deshalb Fußball-Abteilungsleiter eines Bundesligavereins und Geschäftsführer der Bauherrengesellschaft „Allianz Arena“ werden konnte, weil er Sohn des Präsidenten ist, muss man wohl als Beweis dafür nehmen, dass der Balkan tatsächlich südlich des Mains beginnt. Immerhin ist die „Allianz Arena“ für ein Projekt im Wert von 280 Millionen Euro zuständig. Hotelkaufmann Karl-Heinz Wildmoser junior (genannt „Heinzi“) hatte für diesen Posten keine besondere Qualifikation. Auch dagegen kam von Christian Ude (die Stadt ist an der Allianz Arena ebenfalls beteiligt) kein Widerspruch. Jedenfalls kein hörbarer. Insofern stehen wir erst am Anfang eines Skandals.

Die Fans des Vereins reagierten eher mit Häme auf die Verhaftung der Wildmosers. „Endlich sitzt das Duo, wo es hingehört“, schreibt ein Fan auf der Website des Fanclubs (www.loewenforum.de), wo die Nachfolge heftig diskutiert wird. Im Gespräch sind der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair und Theo Waigel. Zwei Garanten also, dass mit der Verquickung von Sport, Politik und Geschäften ein für alle Mal Schluss ist. Schau-mer-mal.