Filzige Brötchen

Lachsbrötchenaffäre vor Gericht: Amtsgericht verhandelt über Geschäftsführer eines Arbeitslosenvereins, der ABM-Kräfte zweckentfremdet eingesetzt haben soll

Im Nachhinein liegen die Lachsbrötchen Helmuth D. schwer im Magen. Damals, Ende der 90er Jahre, hatte er sie von ABM-Kräften schmieren lassen, um Gewerkschaftsbosse satt zu machen, die ein kaltes Büffet bestellt hatten. Jetzt muss sich der ehemalige Geschäftsführer des „Verein zur Betreuung von Arbeitslosen und Arbeitslosenhilfegruppen“ dafür vor dem Amtsgericht verantworten. Denn die Staatsanwaltschaft sagt, er habe die Arbeitskraft seiner ABM-Kräfte und damit die behördlichen Zuwendungen an den Verein missbraucht: Untreue und Subventionsbetrug, lautet der Vorwurf der Anklage. Heute eröffnet das Amtsgericht den Prozess.

Der Stein war ins Rollen gekommen, nachdem eine ehemalige Mitarbeiterin des Arbeitslosenvereins in einem Brief an die damalige Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) schwere Vorwürfe gegen diesen erhoben hatte. Daraufhin hatte der Fall den Hamburger Wahlkampf im Jahr 2001 mit geprägt. Die jetzige Regierung aus CDU, Schill-Partei und FDP war gegen Rot-Grün mit der Ankündigung angetreten, dem Filz ein Ende setzen zu wollen. Eine bessere Vorlage hätte sich dafür kaum finden lassen.

Nicht nur, dass die ABM-MitarbeiterInnen tatsächlich Aufgaben übernommen hatten, die nicht zu ihrem Einsatzbereich zählten – sie waren in einer Kantine für Erwerbslose beschäftigt. Zudem saß der Verein im Hause des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB – und Chef war Erhard Pumm, DGB-Vorsitzender und für die SPD Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft.

Weiterhin wurde bekannt, dass der Arbeitslosenverein offenbar im Bundestagswahlkampf 1998 aktiv Politik gegen die damalige Kohl-Regierung gemacht hatte: Die ABM-Kräfte sollen Transparente für Demonstrationen gemalt, Plakate geklebt und Flugblätter verteilt haben.

Pumm hatte das im Sommer 2001 für rechtmäßig erklärt: Der Verein mit seinen ABM-Kräften habe sich als Interessenvertreter der Erwerbslosen an bundesweiten Aktionen beteiligt, schließlich lag die Arbeitslosenquote in der Kohl-Ära damals bei 13 Prozent. Der Verein, so Pumm, sei „zwar parteipolitisch unabhängig, aber nicht neutral“.

Das Arbeitsamt sah das anders und forderte 31.599 Mark zurück. Geschäftsführer Helmuth D., ab heute als Angeklagter vor Gericht, wurde suspendiert. ELKE SPANNER