Deutsche Amtshilfe unerwünscht

Weiterer deutscher Tourist in Algerien entführt. Außenminister Fischer fliegt nach Algier

MADRID taz ■ In der algerischen Sahara ist ein weiterer deutscher Tourist verschwunden. Bundesaußenminister Joschka Fischer hat darüber bei seinem gestrigen Besuch in Algier mit seinem dortigen Amtskollegen Abdelasis Belkhadem sowie mit Staatschef Abdelasis Bouteflika gesprochen. Im Mittelpunkt „stehen die algerischen Anstrengungen, das Schicksal der Verschwundenen zu klären“, hieß es in Berlin.

In der südalgerischen Sahara sind damit seit Mitte Februar 32 Touristen, darunter 16 Deutsche, verschwunden. Sie reisten auf eigene Faust im Dreieck Ouargla, Djanet und Tamanrasset. Es fehlt weiter jede offizielle Information über ihren Verbleib. Zwar zitierte das algerische Staatsradio vor einer Woche den Tourismusminister, dem zufolge „mit den Entführern verhandelt wird“, doch später dementierte dies das Innenministerium. Seither heißt es wieder: „Allen Hypothesen wird weiter nachgegangen.“

Glauben will dies niemand mehr. Zu viele Informationen sprechen für eine Entführung der 31. Demnach wurden die Wüstenfahrer in drei Gruppen aufgeteilt und in Höhlen im Tamelrikgebirge versteckt. Laut des welschschweizerischen Wochenmagazins L’Hebdo liegen den algerischen Behörden Lösegeldforderungen vor. Demnach sollen die Entführer pro Opfer eine Million Schweizer Franken (660.000 Euro) verlangen.

Wer die mutmaßlichen Entführer sind, ist unklar. Ein Teil der algerischen Presse sucht die Verantwortung bei bewaffneten Islamisten. Für die zweite Version spricht, dass nach neuen Informationen algerische Fahnder nach Mali gereist sind. Sie sollen nach Mokhtar Belmokhtar suchen. Der Chef einer Schmugglerbande soll sich den radikalen Islamisten der Salafistischen Gruppen für Predigt und Kampf (GSPC) angeschlossen haben. Belmokhtar soll die GSPC im Norden Algeriens mit Waffen versorgen. Die GSPC steht mit al-Qaida in engem Kontakt.

Anderen Berichten zufolge kam es vor zwei Wochen auf der Straße nach Mali zu einem Feuergefecht mit einer Gruppe mit Toyota-Geländewagen und Kalaschnikows. Die Männer, die vermutlich zu Belmokhtars Bande gehörten, seien entkommen.

Nachdem die algerische Armee vor ein paar Wochen eine Befreiungsaktion abblies, deutet jetzt alles auf eine andere, für die Geiseln nicht minder gefährliche Taktik hin. Seit Ende April steigen die Temperaturen in der Wüste. Die Armee könnte darauf setzten, die Entführer auszudürsten. Fischer wird Algerien abermals die Hilfe der Bundesregierung anbieten. Wohl vergeblich. Die algerische Regierung sieht den Fall als „innere Angelegenheit“. REINER WANDLER