Anklage fordert Todesstrafe für Bali-Attentäter

Prozess gegen einen der Hauptverdächtigen der Anschläge eröffnet. Er soll Sprengstoff und Tatfahrzeug besorgt haben

BANGKOK taz ■ Genau sieben Monate nach den Terroranschlägen im indonesischen Bali ist gestern in der Inselhauptstadt Denpasar der Prozess gegen den ersten Hauptverdächtigen eröffnet worden. Im gepanzerten Wagen wurde der Mechaniker Amrozi zum Gericht gebracht. Die Handschellen wurden dem 40-Jährigen erst abgenommen, als er vor den fünf Richtern Platz genommen hatte.

In der 33-seitigen Anklageschrift warf Chefankläger Urip Trigunawan Amrozi vor, die zwei Tonnen Sprengstoff beschafft zu haben, die für die Bomben verwendet wurden. Auch habe er den Lieferwagen gekauft, mit dem die größere der beiden Bomben transportiert wurde. Das Motiv sei Rache an den USA gewesen. Von dem Prozess erhofft sich die Polizei neue Aufschlüsse über die islamistische Organisation Jemaah Islamiyah (JI), die sie hinter den Anschlägen vermutet.

Amrozis Verhaftung am 5. November 2002 in seinem Heimatdorf Tenggulun in Ostjava galt als erster großer Fahndungserfolg. Nach den neuen Antiterrorgesetzen droht ihm die Todesstrafe. Der Prozess wurde nach nur anderthalb Stunden auf kommenden Montag vertagt. Amrozis Anwälte erhoben juristische Einwände und warfen die in der Anklage erhobenen Vorwürfe als „unklar“ zurück. Es gebe keinen Beweis, dass Amrozi als führender Kopf an den Anschlägen beteiligt gewesen sei. Doch dessen Anwalt Wirawan Adnan bereitete ihn bereits auf das Schlimmste vor: „Wir haben ihm bereits gesagt, dass die Höchststrafe der Tod ist.“

Bei den Terroranschlägen auf zwei Bars in Kuta Beach waren am 12. Oktober 202 Menschen – hauptsächlich ausländische Touristen – getötet worden. Die gestrige Verhandlung wurde per Kamera vor das Gerichtsgebäude übertragen, wo Angehörige der Opfer und viele Balinesen das Geschehen verfolgten.

Der mutmaßliche Attentäter, der in der Vergangenheit stets lächelnd aufgetreten war, wirkte steinern. „Bali hat unter all dem sehr gelitten“, sagte einer der einheimischen Beobachter, „alle, die daran beteiligt waren, sollten getötet werden.“ Entsprechend laut wurden die Proteste in- und außerhalb des Gerichtsgebäudes, als die Verteidigung die Anklage kritisierte. Monate nach den Anschlägen liegen die Nerven immer noch blank. Inzwischen haben die meisten Indonesier eingesehen, dass das Terrorismusproblem hausgemacht ist. Lange glaubten viele an eine Verschwörung der USA, um das Inselreich als „terroristisches Nest“ brandmarken zu können.

Rund 30 Verdächtige nahmen die indonesischen Ermittler, unterstützt durch internationale Experten, inzwischen fest. „Das Netzwerk der JI musste durch die Verhaftungen schwere Schläge einstecken, ist aber keineswegs zerstört“, sagt Sidney Jones, die als Leiterin des Jakarta-Büros der International Crisis Group zu den renommiertesten Experten über indonesische Extremisten gehört, der taz.

Der Radikalismus würde laut Jones durch einen langen Prozessverlauf nicht verstärkt. Eher werde in der indonesischen Öffentlichkeit verdeutlicht, was mit Attentätern geschehe. Zur oft geäußerten Kritik, dass vor allem „kleinere Fische“ des Terrornetzes vor Gericht stünden und andere, wie der mutmaßliche JI-Operationschef, der Hambali genannte Riduan Isamuddin, weiterhin flüchtig seien, sagte Jones: „Sicher war Amrozi nicht unbedingt das Gehirn oder der führende Kopf. Aber er war an den Anschlägen beteiligt und gehört vor Gericht.“

Zum Kreis der Hauptverdächtigen gehören auch Amrozis Brüder Muklas und Ali Imron sowie der mutmaßliche Kopf der Gruppe, Imam Samudra. Sie wurden ebenfalls verhaftet. Beobachter schätzen, dass die Prozesse Monate dauern werden.

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