Ball für die Frau

Mit der Übertragung der Handball-WM will RTL nicht nur Männer ansprechen. Deswegen moderiert Marco Schreyl

Handball, sagt Marco Schreyl, habe im Fernsehen bisher nur in Nischen stattgefunden. Vielleicht ist das als Spitze zu verstehen gegen Popelsender wie NDR und WDR, die samstags „Liga 1 – Handball“ zeigen. Die Einschätzung mag aber auch damit zusammenhängen, dass Schreyl grundsätzlich glaubt, Nischen seien überall dort, wo er nicht ist.

Ab dem 16. Januar wird sich die Handballwelt nun ein bisschen verändern: „Deutschland sucht den Superstar“-Schreyl präsentiert bei der Weltmeisterschaft in Kroatien die Spiele der deutschen Nationalmannschaft, nachdem sich RTL dafür erstmals die Rechte gesichert hat.

Für Kroatien sei die Männer-WM wie „Ostern, Weihnachten und Olympische Spiele auf einmal“, sagt RTL-Sportchef Manfred Loppe, und diesen „Ausnahmezustand“ will sein Sender in hiesige Wohnzimmer übertragen. Und man hofft natürlich, dass die deutsche Mannschaft ihren Titel verteidigt, den sie Anfang 2007 im Zuge eines sogenannten Wintermärchens im eigenen Land geholt hatte.

Ungewöhnlich ist allemal die aufwändige Technik, mit der RTL an den Start geht. Loppe will „innovative Akzente setzen, so wie wir das auch schon in anderen Sportarten umgesetzt haben“. Zum Beispiel mit der „Spidercam“, die sich, befestigt an einem Seil, frei im Raum bewegt und den Zuschauern eine Vogelperspektive aufs Spielfeld ermöglicht, darüber hinaus mit diversen „Superslomos“, die etwa im Tor angebracht sind, sowie mit Analyseverfahren, die die Höhe des Balls beim Absprung und die Abwurfgeschwindigkeit ermitteln. Möglicherweise freuen sich über solchen Schnickschnack nicht nur Jungs jeden Alters, RTL will „auch Frauen“ an den Handball „heranführen“. Beim Boxen sei die Hälfte der TV-Zuschauer weiblich, betont Loppe.

Die Frage, ob sich RTL langfristig im Handball engagieren will, empfindet er als verfrüht. An die Rechte der Handball-Bundesliga habe RTL jedenfalls „bisher noch keinen Gedanken verschwendet“. Das hat aber nichts mit der Sportart an sich zu tun, sondern mit dem internationalen Terminkalender, der eine verlässliche Programmplanung kaum möglich macht. Die Bundesliga-Spieltage werden in der Regel zerstückelt, aber nicht systematisch wie beim Fußball, sondern auf unvorhersehbare Weise. Die Aussagekraft der Tabelle lässt oft zu wünschen übrig, weil Spiele um Monate vorverlegt oder nachterminiert werden. Einer der Gründe: Die europäischen Wettbewerbe, bei denen viele deutsche Klubs beteiligt sind, finden teilweise am Wochenende parallel zum Bundesliga-Punktspielbetrieb statt. Für die WM hat sich RTL bei den Veranstaltern aber Planungssicherheit verschafft: Sämtliche Spiele des deutschen Teams beginnen um 17.30 Uhr. RENÉ MARTENS