„Bei Dürre kann ich nichts daran ändern“

Ab 2005 darf in Berlin nur 35 Tage im Jahr der Wert für Feinstaub in der Luft über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter liegen. Das bestimmt die EU. Senats-Umweltexperte Manfred Breitenkamp hält das für sinnlos und illusorisch

taz: Herr Breitenkamp, Umweltschützer werfen Peter Strieder Desinteresse im Kampf gegen Luftverschmutzung vor.

Manfred Breitenkamp: Dieser Vorwurf ist nicht gerechtfertigt. Wir haben erhebliche Erfolge erzielt. Über Wintersmog redet in dieser Stadt keiner mehr, über Sommersmog auch nicht.

Über Feinstaub schon.

Wir haben seit dem vergangenen Jahr ein Problem mit dem Feinstaub Pm 10, das uns die Tochterrichtlinie der EU beschert hat. Wir haben erstmalig den dort vorgeschriebenen Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten. Das führe ich auf den besonders trockenen Sommer zurück, viele Stäube wurden aufgewirbelt und viel Staub in die Stadt importiert.

Wenn der Sommer nicht so heiß wird, können Sie den Jahresmittelwert einhalten?

Darauf können wir hinarbeiten, kein Thema. Problematisch ist die EU-Vorgabe, dass die Konzentration des Feinstaubs an 35 Tagen im Jahr nicht über 50 Mikrogramm liegen darf. Da liegen wir drüber. Sogar in Buch wurde der Wert 36 Tage lang überschritten. Solche Episodenwerte können wir kaum beeinflussen.

Warum?

Wenn ich bei Dürre Abrieb der Erdkruste habe, kann ich daran nichts ändern. Genauso wenig an der Tatsache, dass der Staub von weiterher nach Berlin kommt.

Sie tragen Verantwortung gegenüber den Anwohnern. Der Staub schädigt Atemwege.

In der Wirkungsmedizin wird diskutiert, dass der Feinstaub in die unteren Atemwege vordingt. Er bleibt nicht in den Bronchien hängen und wird ausgehustet, sondern geht in die Lunge und bleibt dort. Über die tatsächlichen Auswirkungen wird gestritten. Deshalb gibt es nur für Pm 10 eine Revisionsklausel in der EU-Richtlinie. Auf der Basis eines Auswertungsberichtes, den die EU eigentlich bis zum 31. 12. 2003 vorlegen hätte müssen, soll diskutiert werden, ob die vorgeschriebenen Werte sinnvoll sind. Das ist auch sinnvoll für eine Diskussion über gesundheitliche Schäden. Denn da spielt normalerwiese nicht die Konzentration von Staub in der Luft eine Rolle, sondern wie viel ein Mensch einatmet. Aber wir entziehen uns der Verantwortung nicht. Neben anderen Maßnahmen versuchen wir, Verkehr in Hauptstraßen zu bündeln, um die Nebenstraßen und die Anwohner zu entlasten.

Senator Strieder sagt, die Hälfte des Staubes kommt von draußen nach Berlin. Von Brandenburgs Äckern?

Von viel weiter her. Der Staub ist so klein, dass er sich praktisch verhält wie ein Gas und große Strecken in der Atmosphäre zurücklegt. Wir stellen Stoffe fest, die aus den Industriegebieten Südpolens und Tschechiens kommen. Als es im letzten Sommer in Russland starke Waldbrände gab, hatten wir die später hier auf unseren Messgeräten.

Sie wollen bei der EU Einspruch einlegen. Welchen Erfolg versprechen Sie sich?

Metropolen wie Paris, Budapest und Stockholm unterstützen uns, so dass unsere Chancen nicht so schlecht sind. Auch im Bund wird die Richtlinie inzwischen kritischer gesehen, weil sogar Vechta im Emsland die Werte überschreitet. INTERVIEW: DAS