Mit Kunst gegen Kapital

Im Frauenmuseum in Bonn zeigen 25 internationale Künstlerinnen ihre Sicht auf die zunehmende Globalisierung. Acht politische Podien begleiten in den nächsten Monaten die Ausstellung

VON PETER ORTMANN

In einer stillen Nebenstrasse im Bonner Studentenviertel liegt das einzige Frauenmuseum der Republik. Ein Transparent quer über der Fahrbahn weist den Weg durch die Toreinfahrt in den grünen Innenhof. „Globalisierung im Visier der Künstlerinnen“ ist der recht militante Untertitel der Ausstellung, bei der 25 in- und ausländische Künstlerinnen ihre Arbeiten präsentieren.

Der erste Blick fällt auf eine sehr rote Installation, bei der sich ein Europaletten-Weg durch ein Meer von zerknülltem Zeitungspapier windet. Erreichen kann der Besucher eine Plattform, auf dem ein Tisch und ein Stuhl stehen. Bücher mit bearbeiteten, einmal benutzten Zielscheiben können dort durchgeblättert werden. Die Schützen, die das Rohmaterial einmal im Visier hatten, haben nicht gut gezielt. Zweimal 7, einmal 8 und 9 und eine Fahrkarte. Das läßt hoffen. „Die Vision von unserer Welt als globale Föderation, in der Konflikte nicht durch Gewalt gelöst werden, findet nicht statt.“ ist der Untertitel der Installation, der Hoffnung wieder begräbt.

Hinter den blutroten Fahnen mit den zugenähten Wunden sind großformatige schwarz-weisse Portraits zu sehen. Die drei jungen Menschen werden von der Künstlerin kryptisch als flüssige Kristalle bezeichnet. Dokumenta 8 Teilnehmerin Marie-Jo Lafontaine hat sich in der letzten Zeit häufig mit jungen Frauen beschäftigt. Sie sind auch in der Videoinstallation der indischen Teilnehmer Raqs Media Collective vertreten. Meist an einem Arbeitsplatz, der inzwischen via Internet globalisiert, aber doch immer an einen Ort, hier New Delhi, gebunden bleibt und ziemlich unsichtbar ist.

„Eineinhalb Jahr hat die Vorbereitung zu dieser Ausstellung gedauert“, sagt Marianne Pitzen, die Direktorin des Frauenmuseums. Sie vertritt bei der Eröffnung die erkrankte Kuratorin Lucie Salomon. Die Rolle von Künstlerinnen in der Welt habe sich geändert, sagt Pitzen. Die Interessanten unter ihnen griffen ganz bewußt ins politische Geschehen ein. Das kann in der ersten Etage des Museums überprüft werden, wo die iranische Künstlerin Farideh Jamshidi ihre Installation aus Fotografien und einem riesigen Vogelkäfig aufgebaut hat. Ein Vogelkäfig, so groß wie ein Bett, sagt sie, ein Bett so groß wie ein Grab. Auf den Fotoserien posieren junge TeheranerInnen in ihren Zimmern. Und sie unterscheiden sich kaum von der westlichen Jugend. Handys, Poster von Musikstars und viel Levy Strauss dominieren. Dagegen setzt die Künstlerin eine Serie mit einem weiblichen Model im traditionellen Tschador auf dem Dach. Im Hintergrund die Kulisse der iranischen Hauptstadt. Mit Hochhäusern, Telekommunikationsschüsseln und Bürotürmen. Spannungsfelder innen und aussen. Die Welt dreht sich weiter. In der Videoinstallation der deutschen Künstlerin Chris Werner drehen sich die Pole über stilisierte Brustwarzen. Ein Soundteppich läßt an pseudowissenschaftliche Weltraumsendungen denken. Eigentlich eine männliche Konnotation. „Doch Frauen erledigen einen Großteil der Arbeit weltweit“, sagt die Künstlerin. Nur deshalb bliebe sie in Bewegung.

Nichts geht im Frauenmuseum ohne kulturpolitische Untermauerung. Acht Podien begleiten die Ausstellung bis Ende August. „Auswirkungen der Globalisierung für Frauen“ ist das Thema. Migration, Frauenhandel, Gesundheit, Armut und Frauenpolitik sind die Untertitel. „Bislang fehlt es an einer öffentlichen Diskussion, die sich explizit mit den Auswirkungen der Globalisierung für Frauen befasst“, sagt Marianne Pitzen, die im obersten Stockwerk ausstellt. Die Folgen der gesellschaftlichen Veränderungen seien für Frauen anders als die für Männer.

Globalia FrauenMuseum Bonn bis 29.August 2004 www.frauenmuseum.de