NRW-Haider-Fanclub zerlegt in Einzelteile

Landesverband der Ex-Schill-Partei befindet sich in Auflösung. Zahlreiche Ortsverbände machen auf unabhängig

DÜSSELDORF taz ■ Die Reste der ehemaligen Schill-Partei lösen sich in Nordrhein-Westfalen langsam auf. Nach dem Untergang der Partei Rechtsstaatliche Offensive bei der Hamburg-Wahl Ende Februar befindet sich auch der NRW-Ableger auf dem absteigenden Ast. Ganze Ortsverbände wollen die Rechtspopulisten angeblich verlassen. „Mit der Bundesspitze wollen wir nichts mehr zu tun haben“, ist aus Parteigliederungen im Revier zu hören. Demnach wollen die Ortsvereine Gelsenkirchen, Recklinghausen und Herten der Ex-Schill-Partei den Rücken kehren.

Den Negativtrend stoppen soll nun der Anfang März neu gewählte Bundesvorsitzende Markus Wagner. Der 39-jährige Unternehmer und Freizeitpolitiker aus Bad-Oeynhausen scheint die Populisten noch weiter an den rechten Rand rücken zu wollen. Mittlerweile hat die Splitterpartei auch wieder einen neuen Namen: „Offensive D“. Das D steht für Deutschland. Als erste Amtshandlung gratulierte Wagner dem Österreicher Jörg Haider zu seinem Wahlerfolg in Kärnten. „Wie Haider definiere ich mich als Freiheitlicher“, sagt Wagner. Er wolle für mehr Freiheit der Bürger kämpfen – in allen Lebensbereichen. „Wenn niemand mehr seine Steuererklärung ausfüllen kann, muss man von Unfreiheit sprechen.“ Im beginnenden Europawahlkampf agitiert die „Offensive“ gegen einen EU-Beitritt der Türkei. Das „christlich-abendländische“ Europa müsse erhalten bleiben, fordert Wagner.

Statt großer Außenpolitik muss sich Wagner derzeit mit kleinteiligen Problemen im Landesverband NRW beschäftigen. „Wir haben mit der Ex-Schill-Partei nichts mehr zu tun“, sagt Jutta Becker, Vorsitzende der Rechtspopulisten in Herten. Die „Basis“ habe die Dauerstreitigkeiten auf Bundesebene satt. Bei der Kommunalwahl will der Ortsverband als unabhängige Liste antreten. „Andere Stadtverbände wollen unserem Beispiel folgen“, so Becker. Schon jetzt haben die Ex-Anhänger von Ronald Barnabas Schill in NRW gerade einmal 600 Mitglieder.

Bundeschef Wagner will von einem Niedergang seiner Partei nichts wissen. „Mir sind keine Austritte bekannt.“ Wegen der Querelen im Bundesverband habe es Verunsicherungen vor Ort gegeben, aber jetzt befinde man sich wieder in der Offensive. Wenn die Europa- und Kommunalwahlen zufrieden stellend laufen, sei auch ein Start bei den Landtagswahlen 2005 möglich, sagt Wagner. Parteigründer Schill dürfte das Schicksal seiner Nachfolger egal sein. Er will im Herbst nach Südamerika auswandern. MARTIN TEIGELER