Grüne wollen noch Änderungen im Haushalt

Millionenreserve soll bislang unberücksichtigte Risiken bei Vivantes und der Charité absichern. Am kommenden Donnerstag wird das Plenum des Abgeordnetenhauses die Landesfinanzen für 2004 und 2005 beschließen

199 Sitzungsstunden verzeichnet das Protokoll des Hauptausschusses für die zurückliegenden Haushaltsberatungen. Kommenden Donnerstag um 9 Uhr hat er, der zentrale, für die Finanzen zuständige Ausschuss des Abgeordnetenhauses, seine Schuldigkeit getan. Dann berät abschließend das Plenum aller 144 Abgeordneten über den rund 42 Millionen Euro schweren Doppelhaushalt 2004/2005 – und wird ihn höchstwahrscheinlich mit rot-roter Regierungsmehrheit beschließen. Die Grünen wollen auf den letzten Drücker noch gravierende Änderungen durchsetzen. Unter anderem fordern sie eine Reserve für nicht abgedeckte Millionenrisiken.

Bis zu 18 Stunden am Stück tagte der Ausschuss, diverse Entscheidungen fielen weit nach Mitternacht. Die Grünen-Finanzexperten Oliver Schruoffeneger und Jochen Esser waren gestern einigermaßen zufrieden mit ihrem Abschneiden. Eine Reihe kleinerer Anträge sei zwar nicht durchgekommen, die Fraktion habe aber etwa durchsetzen können, dass der zwischenzeitlich gestoppte Umbau der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) doch kommt.

Was den beiden Abgeordneten weniger passt, sind Finanzrisiken, die sich im Doppelhaushalt nicht wiederfinden. Dazu gehören für die Grünen der Sanierungsfall der landeseigenen Krankenhaus-GmbH Vivantes und die Bilanz der Charité. Auf 350 Millionen Euro beziffern Schruoffeneger und Esser deren Risiken. Sie wollen von ihnen errechnete Überschüsse aus einer Reihe von Änderungsanträgen als Reserve für solche Risiken in den Doppelhaushalt schreiben.

SPD-Chefhaushälterin Iris Spranger hingegen hält es für richtig, dafür keine Summen im Haushalt zu veranschlagen. „Wir alle wissen, dass die Charité Risiken in sich hat“, sagte sie. „Aber bevor ich nicht genaue Zahlen auf dem Tisch habe, schreibe ich nichts auf Grundlage von Vermutungen im Haushalt fest.“

Spranger mag sich auch für eine weitere Forderung der Grünen nicht erwärmen. Die wollen die jährlichen Raten der Risikoabschirmung für die Bankgesellschaft konkretisieren. Im April 2002 hatte das Abgeordnetenhaus eine solche Abschirmung in Höhe von rund 21 Milliarden Euro beschlossen. Jährlich sind seither pauschal 300 Millionen Euro im Landeshaushalt veranschlagt. Vergangenes Jahr aber wurde kein Risiko Wirklichkeit, wurden die 300 Millionen nicht gebraucht. Für dieses Jahr halten die Grünen einen Betrag von 145 Millionen für angemessen und beziehen sich dabei auf Senatsangaben. Die Differenz lasse sich anderweitig verwenden. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) werfen die Grünen einen „Rückfall in Zeiten der großen Koalition“ vor, als deren Kennzeichen unrealistische Haushaltsplanung gilt. „Wir haben den Haushalt nach den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und -klarheit aufgestellt“, widersprach die Finanzverwaltung.

Weitere Forderungen der Grünen sind, auf Studiengebühren zu verzichten, die Sozialkarte bei den landeseigenen Verkehrsbetrieben BVG wieder einzuführen und über Kürzungen an anderer Stelle die Staatsoper zu sanieren.

STEFAN ALBERTI