DVU zieht in die Materialschlacht

Bremerhaven kann die ausufernde Wahlwerbung der rechtsextremistischen Partei nicht stoppen. Das Oberverwaltungsgericht urteilt: Die DVU darf im Sinne der Demokratie 700 Plakate aufstellen, denn kleine Parteien sollen Präsenz zeigen dürfen

taz ■ Das ist Demokratie: Wenn kleine Parteien vor den Wahlen in die Materialschlacht einsteigen wollen und das nötige Geld haben, müssen sie stadtweit präsent sein dürfen. Auch mit Sprüchen wie „Arbeitsplätze zuerst für Deutsche“. Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat das jetzt der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU) zugebilligt. Die wollte mehr als die von der Stadt erlaubten 185 Plakate aufstellen.

Mit so wenigen Plakaten „können kleinere Parteien ihre Präsenz nicht mehr angemessen im Straßenraum der Großstadt vertreten“, urteilten die Bremer Richter. Der Bremerhavener Magistrat verlor in zweiter Instanz. Auch sonst war es ein Déjà-vu: Schon anlässlich der Bürgerschaftswahl 1999 hatte die DVU erfolgreich gegen Plakatier-Einschränkungen geklagt. Damals wollte die Stadt die DVU-typischenPlakate an Straßenlaternen eindämmen, „die sechsfach die ganze Stange hoch hingen“, wie sich Beobachter erinnern.

700 Plakate darf nun die Partei des Müncheners Gerhard Frey wunschgemäß an den Bremerhavener Straßen aufstellen. Die städtische Vorgabe, wonach in ganz Bremerhaven nur 2.400 Wahlplakate an Straßen zugelassen sein sollten, ist damit gekippt – samt der amtlichen Faustregel, dass auf 50 EinwohnerInnen ein Plakat komme. Je 185 Plakate wurden den elf antretenden Parteien zugebilligt, für die größeren Parteien gab es extra – je nach Stimmenanteil bei der letzten Wahl.

„Das Straßenrecht ist kein Instrument, um gezielt auf Wahlkampfführung einzuwirken“, rügten nun die Richter. Selbst mehr Plakate würden noch lange nicht die Verkehrssicherheit einschränken – zu wenige Plakate aber die demokratische Chance auf Selbstdarstellung.

Auf „einen massiven und guten Wahlkampf“ freut sich jetzt der rechtsextreme Bremerhavener Bürgerschaftsabgeordnete Siegfried Tittmann. Über die Kosten dieses Aufwands kann der DVU-Kreisvorsitzende nichts sagen. Aber die Wahlslogans hat er parat: „Ein Mann, ein Wort, ein Tittmann.“ Oder: „Nochmal die Schnauze voll.“ „So wie der Bürger das hat, die Schnauze voll“, versucht er zu erklären. Bei der letzten Bürgerschaftswahl brauchte Tittman nur 2.747 Stimmen, um die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen und ein Mandat in der Bremer Bürgerschaft zu erringen. 120.000 Menschen waren wahlberechtigt. Aber die Wahlbeteiligung lag mit 51,8 Prozent extrem niedrig. Prognosen darüber, wie die Bremerhavener im Mai abstimmen, wenn sie 16 der 82 Abgeordneten in die Bürgerschaft wählen dürfen, liegen noch nicht vor. ede