Walmörder supporten Lungenpest

Neue Nachrichten aus Norwegen: SARS ist im Land der Fjorde traditionell gut verbreitet

„Ich taufe dich hiermit auf dem Namen: GO SARS!“, rief die Königin ziemlich laut aus

Es war wohl ein ziemliches Glück für das norwegische Königshaus, dass der für royale Skandale zuständige Teil der Weltpresse gerade ausgiebig mit der Ehe von Kronprinz Håkon und Mette-Marit sowie der soeben geborenen Tochter von Prinzessin Märtha Luise beschäftigt war, als Königin Sonja am Mittwoch vergangener Woche zu einer Schiffstaufe ansetzte.

Die Kommentare wären wohl sonst verwundert bis schockiert ausgefallen. „Ich taufe dich hiermit auf dem Namen: GO SARS!“, rief die Königin nämlich ziemlich sinngemäß laut aus, bevor sie eine Flasche alkoholfreien Sekt am Boots-Bug zerschellen ließ. Leider handelte es sich bei dem zweifellos sehr stilvollen Akt mitnichten um die lautstarke Anfeuerung eines Virus, denn Schlagzeilen wie „Auch das noch: Walmörder supporten Lungenpest“ wären schon ziemlich schick gewesen.

Sars ist aber leider nur ein in Norwegen moderat verbreiteter Familienname, der noch dazu nichts weiter bedeutet als die Buchstabenfolge S-a-r-s. Und der Sars, nach dem das Schiff benannt wurde, ist zudem schon lange tot. Georg Ossian (1837 bis 1927) war einer der bedeutendsten Meeresbiologen seiner Zeit – und stammte aus einer Familie mit erklärter Vorliebe für die freie Fischforschung. Georgs Vater, der 1805 geborene Theologe und Freizeit-Zoologe Michael Sars, hatte sich als Wissenschaftler besonders der Ergründung von Meerestier-Angelegenheiten gewidmet – wann immer ihm die Familie dazu Zeit ließ, denn Ehefrau Maren Cathrine gebar insgesamt 20 Kinder. Sonntags veranstaltete sie gern Salons, zu denen die skandinavischen Geistesgrößen der Zeit eingeladen wurden. Seine Hauptarbeit war ein Werk über den Lebenszyklus der Quallen, 1846 wurde er aufgrund dieser Forschungen zum Ehrendoktor der Universität von Zürich ernannt. Zudem war Sars Mitglied der renommierten Wissenschafts-Gesellschaft von Christiania, wie Oslo damals noch hieß. Am 3. Mai 1869 machte er kurz vor seinem Tod die Kollegen offiziell mit den Erkenntnissen seines Brieffreundes Charles Darwin bekannt, dessen Werk „On the Origin of Species“ zehn Jahre zuvor in Großbritannien erschienen war. „Die unmittelbare Wirkung war jedoch bescheiden“, beschrieben Chronisten jener Zeit die Folgen der Sars’schen Darwin-Vorstellung. Erst zwei Jahre später sollte die Osloer Akademie eine Diskussion über die als gefährlich angesehene Vererbungslehre zulassen, die später auch von Sohn Georg als Meeresforscher weitertransportiert wurde.

Dem Schiff mit dem Nachnamen Sars werden diese Meeresbiologie-Historien vermutlich egal sein. Zumal ihm Königin Sonja sicherlich das norwegische Äquivalent zum deutschen „allzeit eine Handbreit Wasser unterm Kiel“ gewünscht haben wird. Ein Garant für ein erfolgreiches Boot-Leben ist dies jedoch ganz sicher nicht. Denn vor mehr als sechzig Jahren gab es schon einmal ein Schiff namens „Sars“. Die Karriere der „Michael Sars“ verlief jedoch absolut erfolglos. Gemeinsam mit anderen norwegischen Marinefahrzeugen sollte sie 1940 die eisfreie norwegische Hafenstadt Narvik sichern, die in den deutschen Kriegsplänen eine wichtige Rolle spielte. Als am 8. April 1940 die deutsche Wehrmacht Norwegen besetzte, wurden die beiden schweren Panzerkreuzer „Eidsvold“ und „Norge“ mit insgesamt 276 Mann an Bord in einem kurzen Gefecht versenkt. Der „Sars“ blieb nur noch, die Segel auf Halbmast zu setzen. Über das weitere Schicksal des Schiffes ist nichts bekannt.

Sicherheitshalber werden in Norwegen seither nur noch meeresbiologische Forschungsschiffe nach den beiden Sarsens benannt. ELKE WITTICH