Das Parteivolk soll‘s richten

Die Eimsbüttler SPD will ihre Probleme durch Mitgliederbefragungen lösen. Beim Kreis-Parteivorsitz könnte es klappen, bei der Bundestagskandidatur von Annen und Ilkhanipour ist alles offen

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die Kontrahenten nehmen sich Denkpausen. Ob der Streit um die Bundestagskandidatur der SPD in Eimsbüttel zwischen Niels Annen und Danial Ilkhanipour in einer Mitgliederbefragung beigelegt wird, ist derzeit vollkommen offen. Er wolle „zurzeit keinen Kommentar abgeben“, teilte Ilkhanipour am Sonntagnachmittag auf Anfrage mit. Annens Mobiltelefon blieb vorsichtshalber gleich ganz stumm.

Der Landesvorstand der SPD hatte in der Nacht zu Sonnabend nach einer mehrstündigen Krisensitzung beschlossen, eine Anfechtung der Eimsbüttler Kandidatenkür zurückzuweisen. Zudem empfahl er, die vom SPD-Kreisverband Eimsbüttel beschlossene Mitgliederbefragung zu unterstützen. Annen und Ilkhanipour wurden aufgefordert, dieses Verfahren „zu akzeptieren“.

Wörtlich heißt es in dem Beschluss des Landesvorstandes, alle Beteiligten in Eimsbüttel würden aufgefordert, „das Interesse der Gesamtpartei nicht aus den Augen zu verlieren und mit dafür zu sorgen, den Konflikt zu beenden. Gegenseitige Vorwürfe führen nicht weiter, sowohl die Unterstützer beider Kandidaten wie auch die Kandidaten selbst sind aufgefordert, an einer konstruktiven Lösung mitzuarbeiten. Der Konflikt ist in Eimsbüttel entstanden und muss auch dort auch gelöst werden.“

Jenseits politisch-diplomatischer Verbrämungen drückt dieser Wortlaut allerhöchste Genervtheit über das Treiben der zerstrittenen GenossInnen im wilden Nordwesten Hamburgs aus. Auf einer nächtlichen Pressekonferenz am späten Freitagabend gestand der Parteivorsitzende Ingo Egloff auf Nachfragen von Journalisten dann auch ein, er fühle sich gelegentlich „von Quartalsirren umgeben“.

Ilkhanipour hatte sich beim Kampf um die Direktkandidatur für die Bundestagswahl am 15. November auf einer Kreisdelegiertenversammlung gegen den aktuellen Abgeordneten Annen mit einer Stimme Vorsprung durchgesetzt. Der 27-Jährige erhielt 45 Stimmen, der 35-jährige Außenpolitiker Annen 44. Der Jurastudent und Juso-Chef hatte erst kurz zuvor seine Kandidatur bekannt gegeben. Seine Widersacher beschuldigen ihn deshalb, sich zuvor mit unsauberen Methoden Mehrheiten besorgt zu haben. Und letztlich war die Stimme Ilkhanipours, der sich selbst zum Delegierten für die Wahlversammlung hatte wählen lassen, die entscheidende.

Seine Nominierung war danach mit der Begründung angefochten worden, dass drei der Delegierten bei der Stimmabgabe noch nicht ein Jahr SPD-Mitglied gewesen seien. Egloff erklärte am Freitagabend, dem habe wegen versäumter Fristen nicht stattgegeben werden können. Die Versammlung zur Wahl Ilkanipours sei formalrechtlich korrekt besetzt gewesen, betonte Egloff. Die Beschwerdeführer können nun das Landesschiedsgericht anrufen.

Egloff machte aber mit Blick auf die Bundestagswahl keinen Hehl daraus, dass der Streit im Kreisverband Eimsbüttel beendet werden müsse. Es sei weiterhin Ziel der SPD, alle sechs Direktmandate in Hamburg zu gewinnen. Über die vom Kreisvorstand bereits beschlossene Mitgliederversammlung sagte der Parteivorsitzende: „Dies hat nur Sinn, wenn alle Beteiligten das akzeptieren. Dazu fordert der Landesvorstand auf.“

Wahrscheinlich wird bei einer solchen Mitgliederbefragung auch gleich geklärt, wer neuer Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Eimsbüttel werden soll. Der bisherige Kreischef Jan Pörksen war aus Protest gegen die Wahl Ilkhanipours zurückgetreten. Sein kommissarischer Nachfolger Milan Pein hat einem Vorschlag seines Gegenkandidaten Thomas Böwer zugestimmt, einen Basisentscheid durchzuführen. Beide erklärten, „das Votum der Mitgliedschaft zu akzeptieren“.

Auf diese Bereitschaft hoffen Hamburgs Sozialdemokraten nun auch bei Annen und Ilkhanipour.