Fabrik im Weg

Ob die neue Landebahn für den Frankfurter Flughafen gebaut wird, ist nach einem Gutachten wieder offen

FRANKFURT/M. taz ■ „Die Landebahn muss anderswo gebaut oder die Ticona verlegt werden.“ Das sagte Ralf Christner, Sprecher der Chemiefabrik Ticona, im Juli 2002 im Gespräch mit der taz. Damals wollte keiner zuhören. Das könnte sich jetzt rächen.

Direkt hinter dem Firmenkomplex sollen nach den Vorstellungen der Frankfurter Flughafenbetreibergesellschaft Fraport AG und der hessischen Landesregierung auf der umstrittenen Landebahn, Variante Nordwest, bald Großraumflugzeuge landen. Bei Ostwetter kämen sie erst kurz vor der Fabrik zum Stehen. Christner: „Was passiert, wenn ein voll besetzter Jumbo-Jet über die Piste hinausschießen und in die Chemiefabrik rasen sollte, kann man sich denken.“

Ticona hatte damals ein Gutachten vorgelegt, dass es unmöglich sei, den Ausbauplan Nordwest umzusetzen, wenn der Chemiestandort beibehalten würde. Von den Ausbaubefürworten wurde es ignoriert, das Unternehmen im Raumordnungsverfahren nicht einmal angehört.

Nun kommt der TÜV Essen in einem neuen Gutachten im Auftrag der Fraport zum gleichen Schluss: So sei die Landebahn „nicht genehmigungsfähig“.

Die SPD im Landtag, die den Flughafenausbau eigentlich befürwortet, fordert nun die Offenlegung aller Gefährdungsanalysen. Die Grünen in Frankfurt sehen den Ausbau schon als „endgültig gescheitert“ an. Die Fraport AG hielt gestern dagegen. Das Gutachten, hieß es auch im hessischen Wirtschaftsministerium, habe „nur vorläufigen Charakter“. Die Risiken müssten sorgfältig abgewogen werden. Die Ticona umzusiedeln, würde rund eine Milliarde Euro kosten. Dazu kämen Ausgleichzahlungen für Produktionsausfälle durch den Umzug.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT