EU soll vor WTO-Schiedsgericht

Die Regierungen der USA und anderer Länder werfen Brüssel beim Importstopp für Gen-Nahrungsmittel Protektionismus vor. Bundesverbraucherministerium gelassen

BERLIN taz ■ Die Regierungen der USA und zwölf weiterer Staaten wollen die Europäische Union wegen deren Einfuhrverbot für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel vor der Welthandelsorganisation (WTO) verklagen. Über Einzelheiten wollten der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick und Landwirtschaftministerin Ann Veneman gestern die Mitglieder von Repräsentantenhaus und Senat informieren.

Die EU hatte 1998 aus Sorge vor Gesundheitsrisiken ein Moratorium für die Einfuhr gentechnisch veränderter Nahrungsmittel verhängt. Dieses wird mit der neuen Kennzeichnungsvorschrift obsolet, über die voraussichtlich noch im Juni im Europäischen Parlament abgestimmt wird.

Das Bundesverbraucherministerium zeigt sich durch die WTO-Klage wenig alarmiert. „Wir sehen der Klage gelassen entgegen“, sagt Matthias Berninger (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium. Auch in anderen Staaten, etwa Australien, gebe es bereits Kennzeichnungsregeln für gentechnisch veränderte Organismen. Die EU-Regelung sieht vor, dass Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen, wenn sie zu mindestens 0,9 Prozent aus gentechnisch veränderten Organismen bestehen.

Die Koexistenz von normalem und Genanbau sei zum Schutz von Unternehmerinteressen notwendig, so Berninger. Nahrungsmittelkonzerne wie Unilever und McDonald’s verlangten gentechnikfreie Nahrungsmittel. Und wer diese beliefern wolle, sei darauf angewiesen, dass der Anbau von Nahrungsmitteln auch ohne Gentechnik möglich sei. „Wir wollen langfristig Unternehmensfreiheit sichern“, bekräftigte Berninger. Auch die europäische Kennzeichnungspflicht wird von den USA kritisiert: Der Nationale Außenhandelsrat hält es für ein vorgeschobenes Argument, dass die EU damit den Verbrauchern eine Wahl lasse. Tatsächlich handele es sich um Protektionismus. Der US-Agrarwirtschaft gingen durch das Moratorium Exporterlöse von jährlich 500 Millionen Dollar verloren. CHRISTIAN HONNENS