Hunde auf dem Sprung

Vier Abende, zwölf Choreographien: Am Wochenende waren die „Jungen Hunde“ bei „Tanz Bremen“

Seit 1995 existiert das Netzwerk „Junge Hunde“. Mit Geldern der Europäischen Union holen die „Jungen Hunde“ international junge ChoreographInnen zusammen und vermitteln ihnen weltweit Auftrittsmöglichkeiten. Eine ebenso einfache wie effektive Idee, an der die Leiterin des diesjährigen „Tanz Bremen 2004“, Sabine Gehm, als eine von acht KoordinatorInnen maßgeblich beteiligt ist: „Zurzeit können wir durch die Auftrittsmöglichkeiten nur ein Sprungbrett verschaffen“, sagt Sabine Gehm, „erstrebenswert wären natürlich längerfristig kontinuierliche Förderungen“. Die acht KuratorInnen aus Slovenien, Norwegen, Dänemark, Großbritannien, Belgien, Frankreich, Italien und Deutschland helfen sich nicht nur bei Auftrittsmöglichkeiten an Festivals, sondern auch bei der Vermittlung von Proberäumen, Workshops, Stipendien, Reisekostenzuschüssen und anderem mehr.

Durch Gehm wurden denn auch an vier Abenden zwölf Choreographien beim gut besuchten Bremer Festival gezeigt – klar, dass dabei auch ChoreographInnen aus der enorm kreativen Truppe von Urs Dietrich vertreten sind. Schon einmal zu sehen war das tiefgründige und ergreifende Solo „UNDR“ von Gilles Welinski. Ferner gab es ein Wiedersehen mit „Ameisen in mir“ von Josep Caballero-Garcia, einer wüst-witzigen, selbstironischen Show über die Geschlechterbeziehung – unübertrefflich, wie der Spanier sich als selbstverliebter Macho zeigt.

Sunju Kim erarbeitete mit „IN“ eine ästhetisch ansprechende Arbeit der Beziehung zweier Frauen. Und Magali Sander Fetts „VegeTable“ will etwas erzählen von einer Zucchini, die Macht erhält. Das ist nett, bleibt aber im Ausdruck schwammig.

Unerschöpflich und kraftvoll ist auch bei den anderen der Einfallsreichtum des Körperausdrucks: wenn Helge Letonja in „Requiem für eine kleine Dorade“ seine Liebesbeziehung zu dem Tierchen auslebt, das er durch trickreiche Handbewegungen richtig leben lässt, ehe er selbst zum Fisch wird; oder Jean Abreu aus Großbritannien mit seiner explosiven und immer wieder fast zu schönen Beziehungsgeschichte „Hibrido“.

Robert van den Dolder turnte im Klo – nicht gut erkennbar übertragen in das Foyer – seine Interpretation des Hänsel-und-Gretel-Märchens und Helle Bach aus Dänemark zeigte mit „Together“ etwas zu unverbindliche Kommunikationsgeflechte.

Herausragend neben der Arbeit von Caballero-Garcia die zündende Komik der Norweger Katrine Bølstad, Marius van der Fehr und Sean, die den Menschen entfremdet, neben sich, als Maschine zeigten: Das war grandios. Eine ähnliche Thematik hatte mit ganz anderen schweißtreibenden tänzerischen Lösungen der gebürtige Bremer Arco Renz mit der deutschen Erstaufführung von „Mirth“ gezeigt. Allen eigen – und das machte die Kurzweiligkeit von vier Abenden aus – ist die erfolgreiche Kreation einer eigenen Körpersprache.

Ute Schalz-Laurenze