Weltraum-Rentner

Die ehemaligen „Orion“-Helden Eva Pflug und Dietmar Schönherr stehen wieder gemeinsam vor der Kamera: als kriminelle Senioren im „Tatort“

VON JÖRG SCHALLENBERG

Wenn man gegen Abend vom Münchner Olympiaturm hinab blickt, kann es einem schon so vorkommen, als ob dort unten ein Ufo gelandet ist. Fast glaubt man, hinter sich die Stimmen von Leutnant Tamara Jagellovsk und Commander Cliff Alistair McLane zu vernehmen, so wie einst auf der Brücke des Raumkreuzers „Orion“.

Doch dann schließt man für einen Moment die Augen, und wenn man sie wieder öffnet, dann sieht man doch nur das Olympiastadion. Bloß die Stimmen sind immer noch da. Denn Eva Pflug und Dietmar Schönherr stellen sich gerade für die Fotografen in Positur, die gar nicht genug bekommen können vom einstigen Science-Fiction-Traumpaar des deutschen Fernsehens. Sieben Folgen lang nervte Eva Pflug alias Tamara Jagellovsk als Aufpasserin des „Galaktischen Sicherheitsdienstes“ den draufgängerischen „Orion“-Kommandanten McLane, gespielt von Dietmar Schönherr, bis es dann doch ein Happy End mit dem beiden gab. Zum ersten Mal seit der längst zur Bügeleisen-Legende verklärten „Raumpatrouille Orion“ aus dem Jahr 1966 standen Pflug und Schönherr jetzt für den Münchner Tatort „Nicht jugendfrei“ – der im Oktober ausgestrahlt wird – gemeinsam vor der Kamera.

Für die sonst sehr präsenten Kommissare Batic und Leitmayr blieb da zumindest beim Pressetermin nur eine Nebenrolle. Zusammen mit ihrem Partner Horst Sachtleben spielen die Weltraumrentner ein Seniorentrio, das, wie Dietmar Schönherr grinsend feststellt, „über reichlich kriminelle Energie verfügt. Ich bin ein Taschendieb, der das Geld besorgt. Eva hat in der Patisserie gearbeitet und backt immer Haschischkekse, während …“ – doch bevor er den Mörder preisgibt, greift Eva Pflug ein: „Jetzt verrat doch nicht alles, meine Güte!“ Zack, eine echte Alpha-Order. Wie damals, als Leutnant Jagellovsk den aufmüpfigen Commander qua Befehlsgewalt den Mund verbieten durfte. Eine attraktive wie selbstbewusste Frau, die als Vorgesetzte dem strahlenden Serienhelden in die Schranken wies – das war in den Sechzigern eine Rolle, die etwa so unwahrscheinlich wirkte wie die Angriffe der außerirdischen Frogs.

Es ist so eine Sache mit den kultigen alten Zeiten, vor allem, wenn man selbst dabei gewesen ist. Eva Pflug, 74, trägt immer noch dieselbe Frisur, nur kürzer geschnitten, und auch Dietmar Schönherr, 77, ist kaum außer Form geraten, nur dass er jetzt einen eisgrauen Bart pflegt. „Ach, die ‚Orion‘ “, meint Schönherr, „das waren doch nur vier Monate, was ist das schon?“ „Ja, ja“, giftet Eva Pflug, „du hast dir nie was aus der ‚Orion‘ gemacht.“ „Stimmt“, gibt Schönherr zu, „mich interessiert dieses Science-Fiction bis heute nicht.“

So, es reicht mit dem Rücksturz in die Vergangenheit. Die Zukunft drängt. Eva Pflug packt sich ihre Yorkshire-Dame Tammy unter den Arm und sinniert darüber, dass sie gern mal eine „deutsche Miss Marple“ spielen würde. Dietmar Schönherr hat es eilig, er ist auf dem Weg zu seinem Entwicklungsprojekt in Nicaragua. Jetzt wäre ein Raumkreuzer nicht schlecht.