Vögel, Bienen, Melodien

Ihre großen Melodien finden Alex Paulick und Rob Taylor alias „Coloma“ in den Zeiten von Cole Porter und George Gershwin. Ihr eleganter Sound verrät dabei ihre Verwandtschaft mit dem House Kölner Schule

„Waking Up To Transistor Tunes“: Die Welt von Coloma scheint auf den ersten Blick von der Gegenwart so abgekoppelt wie eine bekannte Bierwerbung. Kein digitales Medium kommt in den Texten von Sänger Rob Taylor vor, keine smarte Faser, kein Handy. Als Nostalgiker sollte man Alex Paulick und Rob Taylor dennoch nicht beschimpfen. Dafür sind ihre Melodien zu groß, ihre Texte zu informiert.

Cole Porter, George Gershwin – die Namen des großen Amerikanischen Liederbuches sind es, bei denen Paulick und Taylor systematisch lernen möchten. Und man hört es. Wenn etwa im Refrain von „Summer Clothes“ ein Pianosound die Stimme Taylors zunächst doppelt, dann den Melodiebogen zu Ende spannt, während das Singen schon sein Ende gefunden hat. Überhaupt klingen die Melodien von Coloma alle wie Rhapsodien in Blau.

Denn was Gershwin mit dem Titel seiner populären „Rhapsody In Blue“ aus dem Jahr 1924 zeigen wollte, war ja: „Habe mal versucht, eine europäische Balladenform, die Rhapsodie nämlich, in die Harmonien des Jazz zu hüllen. Ich lebe nämlich heute, und heute ist Jazz die aufregendste Musik.“ Coloma freilich leben nicht in glorreicher Vergangenheit, sondern in ihrem Heute, und da lassen sich „Jazz“ und „Aufregung“ nur noch selten in eine Reihe stellen. Nein, wer wie diese beiden Mitte der neunziger Jahre aus England nach Köln einwandert, wird andere Gründe haben: Coloma suchten das House of Köln – bzw. die dortige Schule des House – auf.

Als der minimalistische Technopopper Matthias Schaffhäuser zu Beginn des Jahres 2002 seine Coverversion des Icehouse-Hits „Hey Little Girl“ veröffentlichte, konnte man erstmals auch außerhalb von Köln aufmerksam werden auf diesen leicht metallen klingenden Tenor von Rob Taylor. Alex Paulick gehörte zu diesem Zeitpunkt schon als Bassist zur Tourband der Düsseldorfer Kreidler. Die Aufmerksamkeit, die „Hey Little Girl“ erhalten hatte, machten sich Coloma zunutze und veröffentlichten nur wenig später ihr erstes Album Silverware auf Schaffhäusers Ware-Label.

Baff machte da nicht nur die gerne überzeitlich genannte Eleganz von Text und Melodie. Denn ebenso waren hier Kölner Minimalismus und die Tiefenschärfe von Kreidler zu hören. Und dieses Prinzip haben Coloma soeben auf der LP Finery nochmals verschärft. Glasklar wirkt die Stimme im Zentrum, mit ganz viel Nichts dazwischen setzt Paulick seine Wölkchensynthesizer, Maschinenclicks und geraden Beats. „I look through the scratched LPs/ Older than the birds and bees“ heißt es im Song „Welcome To Arcadia“ zu diesem Summen der Maschinen. Sowas darf gerne bleiben – Vögel, Bienen, Coloma. CHRISTOPH BRAUN

Mittwoch, 22 Uhr, Tanzhalle