bilanzen, teil 1
: Die Untypische

Nicht alle trauten ihr zu, dass sie‘s schafft. Karin Röpke schafft es. Nach dem Unfalltod von Hilde Adolf im Januar vergangenen Jahres hat die damalige Geschäftsführerin der SPD-Fraktion den Posten der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales übernommen. Und mit ihm einen Haufen Baustellen. Mit Spannung wurden ihre ersten Auftritte erwartet, mit leiser Häme registriert, dass Karin Röpke zugab, Sachverhalte nicht zu kennen und ihre Fachleute vorließ. Mit wohligem Schauer wurde bemerkt, dass besagte Fachleute vor der Senatorin losquatschten, nach zwei Sätzen unterbrachen und sagten: „Ach, Entschuldigung, Frau Senatorin, darf ich?“ Karin Röpke nickte dann und lächelte.

„Etwas naiv“ sei sie, sagen einige immer noch – aber inzwischen gilt ihre Offenheit als ihre Stärke: „wenig profilneurotisch“, „uneitel“, „kaum taktisch“ sind sämtlich Eigenschaften, die Menschen, die mit ihr zu tun haben, der 48-Jährigen zuschreiben – und das positiv meinen. Denn: Das sei „untypisch“ für eine Politikerin. Längst ist sie diejenige, die als erste redet – und am meisten.

Karin Röpke ist Chefin von rund 11.000 Leuten. Die arbeiten in ihrer Behörde, in Ämtern, in Krankenhäusern oder Kindergärten. „Sie hört auf uns. Und damit ist sie gut beraten“, finden ihre leitenden Mitarbeiter. Karin Röpke hat das fortzusetzen, was ihre Vorgängerin begonnen hat. Die Umwandlung der Krankenhäuser in gemeinnützige Gesellschaften zieht sie durch, mitten im Wahlkampf – das sei „mutig“, so ein Beobachter. Die Reform des Amts für Soziale Dienste läuft – und stockt. Mitarbeiter klagen über Überlastung, zuvor vereinbarte Budgets sind nicht einzuhalten, der Zwang zu Personaleinsparung macht die Aussichten düster. Dennoch, das gestehen auch Kritiker, war der Zustand vor der Reform „gruseligst“ – nun habe man sich zumindest „auf den Weg gemacht“. Bei ihr sei „mehr Ehrlichkeit“ als bei ihrer Vorgängerin zu finden: Im Umgang mit dem Fakt, dass die Stelleneinsparung nicht zu bewerkstelligen sei. Die Kindergärten fordern die Zweitkraft, Karin Röpke hat dem Priorität zugesagt, ist fest entschlossen, den Bereich in ihrer Zuständigkeit zu behalten, ihn nicht ans Bildungsressort abzugeben.

Beobachter fragen sich, ob sie sich aus der Abhängigkeit von ihren Fachleuten je freischwimmen wird. Das Potenzial dazu hat sie in den Augen vieler. Neuerdings wird sie gar als Scherf-Nachfolgerin gehandelt. In der Art, auf Menschen zuzugehen, besitze sie ähnliche Fähigkeiten. Doch, auch das gilt als ausgemacht, dafür ist es viel zu früh – wozu also Gerüchte dieser Art? Wer derart nach vorne gestellt wird, könnte rasch verglühen. Und das, da sind sich alle einig, wäre wirklich schade. sgi