Powell bleibt auf Distanz

Für den heutigen Besuch von US-Außenminister Colin Powell gilt Sicherheitsstufe 1 mit Ausrufezeichen. Der Politiker wird während seiner 24-Stunden-Visite das Hotel kaum verlassen

von FELIX LEE
und PAMO ROTH

Der Antiquitätenhändler ist genervt: „Wir werden drei Tage lang keinen Umsatz haben.“ Gestern Morgen haben Polizisten begonnen, die Budapester Straße weiträumig abzusperren. Bis Freitagnachmittag gilt auf der gesamten Straße absolutes Halteverbot. Davon ist auch das Antiquitätengeschäft betroffen. Der Grund: US-Außenminister Colin Powell wohnt während seines Arbeitsbesuchs im Hotel Intercontinental.

Spätestens seit den Bombenanschlägen auf US-Einrichtungen im saudi-arabischen Riad ist in Berlin höchste Alarmstufe angesagt. „Wir führen das sicherste Hotel in Berlin“, gibt sich eine Sprecherin des Interconti ganz selbstbewusst. 1998 von dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton eingeweiht, biete die rund 200 Quadratmeter große Präsidentensuite den höchsten Sicherheitsstandard in der ganzen Stadt. Da mag sie Recht haben: Schusssichere Panzerscheiben, eine eigenständig laufende Klimaanlage ohne Verbindung zum zentralen Kühlsystems des Hotels und ein eigener Zugang zur Tiefgarage – damit der US-Chefdiplomat nicht von anderen Hotelgästen in der Eingangshalle belästigt werden kann.

Auch außerhalb der Hotelanlage arbeiteten die Einsatzkräfte auf Hochtouren: Sicherheitsstufe 1 und mehr – so manch ein Dienstleiter der Berliner Polizei fügt dem Begriff noch ein dickes Ausrufezeichen hinzu. Zuständig für alle Vorkehrungen ist die Polizeidirektion 4. Zu den 1.500 sonst üblichen Einsatzkräften werden zusätzlich 1.000 Polizisten im Dienst sein. Selbst Bundesinnenminister Otto Schily hat sich eingemischt. Scharfschützen des Bundeskriminalamts werden ab heute auf den Dächern der umliegenden Hochhäuser patrouillieren. Auch von verschweißten Gullydeckeln und Tauchern, die nach explosivem Material fahnden, ist die Rede.

Powell wird vorraussichtlich am Donnerstagnachmittag in Tegel landen. Für seinen 24-stündigen Besuch hat er die meisten seiner Termine ins Interconti verlegt – um gefährliche Fahrten durch die Innenstadt zu vermeiden. Das gilt auch für die vierzig deutsch-amerikanischen Geschäftsleute, die den Außenminister eigentlich in der US-Botschaft in Mitte treffen wollten. Nur zwei Treffen muss er doch außerhalb des Hotels wahrnehmen: Ein Gespräch mit Bundeskanzler Schröder im Kanzleramt und ein Mittagessen mit seinem Amtskollegen Joschka Fischer im Gästehaus der Bundesregierung in Zehlendorf. Die Fahrtrouten will die Berliner Polizei erst kurzfristig festlegen. Sie empfiehlt, die Innenstadt bis zum späten Freitagnachmittag zu meiden.

Aber nicht nur die Polizei bereitet sich auf den Besuch vor. Unter dem Motto „Frieden und Gerechtigkeit für die Völker – Nein zum permanenten Krieg“ haben Kriegsgegner für morgigen Freitag um 16.30 Uhr zu einer Demonstration aufgerufen, die vom Alexanderplatz zum Brandenburger Tor führen soll. Von dieser Demo muss Powell aber nichts befürchten. Seine Maschine hebt vom Flughafen Tegel bereits um 16.20 Uhr wieder ab.