Kommentar: NRW als Gefahrenraum
: Sicherheit als Gaukelei

Sicherheit als Wahlkampfschlager – kaum eine Oppositionspartei möchte sich das entgehen lassen. Parteien, die keine Regierungsverantwortung tragen, können mit dem Ruf nach weiteren Terrorbekämpfungsmaßnahmen leicht punkten. Die Sorge um Leib und Leben treibt so ziemlich jeden um. In einer Gesellschaft, die immer weniger gemein hat, ist die Angst eine der großen Klammern. Mit dröhnenden Forderungen nach einer neuen „Sicherheitsarchitektur“ wird das gerne beantwortet. Auch die einst so um Bürgerrechte besorgten Liberalen erliegen jetzt dem Reflex der Besserwisser und Staatsverstärker.

Dabei lehren auch die grausigen Anschläge in Spanien, dass Terror so nicht auszuschließen ist. Auch dort, wo massivste Antiterrormaßnahmen zum Alltag gehören, können Unschuldige zum Opfer werden. Sicherheitsfanatiker werden sagen, gut um jeden Anschlag, der so verhindert wurde. Und wer könnte wiedersprechen?

Und doch muss die Gesellschaft gefragt werden und letztlich entscheiden, welchen Preis sie bereit ist zu bezahlen – für eine Sicherheit, die doch nur vorgegaukelt wird.

Übrigens: Dort in Europa, wo es eine traurige Terrortradition gibt, hat sich in der Bevölkerung längst eine Art Fatalismus breit gemacht. Oder, wie jetzt in Spanien, eine Kritik an einer herrschenden Politik, die globale Konflikte und Widersprüche einzig mit Gewalt zu beantworten sucht. Auch das ist eine Frage der Sicherheitsarchitektur – auch in Nordrhein-Westfalen.

CHRISTOPH SCHURIAN