Berliner Kultur kriegt Superbüro

Ab 2005 soll ein „städtisches Kulturbüro“ Fragen von Kunstschaffenden und -nutzern beantworten. Kultursenator Flierl will dafür den Museumspädagogischen Dienst und die Berliner Kulturveranstaltungs GmbH fusionieren. Das Büro zieht ins Podewil

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Wenn Experimente sich zu erfolgreichen Strukturen auswachsen, erhalten diese Modellcharakter. Nach der Reform der drei Berliner Opern unter dem Dach einer gemeinsamen Stiftung seit Januar 2004 versucht die Kulturverwaltung, das Modell nun auch auf andere Institutionen zu übertragen. Nach den Plänen von Kultursenator Thomas Flierl (PDS) ist vorgesehen, im Jahr 2005 mit dem Aufbau eines neuen „städtischen Kulturbüros“ im Künstlerhaus Podewil eine zentrale Stelle „für kulturelle Beratung und Projektbegleitung“ zu entwickeln.

Was sich auf den ersten Blick anhört wie eine weitere Amtsstube für Kartenverkauf oder eine Raumfindungsabteilung für Off-Theater und junge Wilde in der Kunst, beinhaltet in Wirklichkeit ein Zukunftsprogramm für spezifisch „städtische“ Kultur-Nutzer und -Produzenten. Weil die beiden Berliner Einrichtungen für kulturelle Vermittlung und Veranstaltungen, der Museumspädagogische Dienst (MD) und die Berliner Kulturveranstaltungs GmbH (BKV), mit ihren begrenzten Haushaltsmitteln die komplexen kulturellen Ansprüche nicht mehr abdecken könnten, hat Flierl nicht nur die Fusion der beiden Institutionen im Sinn. Zugleich sollen in dem Kulturbüro auch bezirkliche Projekte und Angebote der Kulturverwaltung aufgehen.

Sowohl Flierl als auch seine Kulturstaatssekretärin Barbara Kisseler, die am Montag im Kulturausschuss die Bedeutung des städtischen Kulturbüros erläuterte, schmälern dabei keineswegs die Funktionen des MD oder des BKV. Beide arbeiteten mit ihren Beratungen, Publikationen, wissenschaftlichen und kulturellen Diensten und Führungen, den Veranstaltungen sowie Workshops im Podewil durchaus erfolgreich – aber nicht effizient, modern und flächendeckend genug.

Ihre Zusammenlegung und Vernetzung dagegen könnte erreichen, sich überschneidende Bereiche nicht nur zu bündeln, sondern mit einer zentralen Anlaufstelle für alle städtischen kulturellen Dienste zu einer neuen Qualität zu gelangen: 1. durch die kulturelle Beratung und Projektbegleitung von Veranstaltungen im Auftrag des Landes und der Bezirke; 2. durch eine zentral gelenkte Öffentlichkeitsarbeit in Gestalt von Internetauftritten, schriftlichen Informationen zu Kulturstrukturen und Kulturförderung in Berlin, der Weiterentwicklung von Dienstleistungen und Publikationen des MD und der Vernetzung kulturpädagogischer Angebote; 3. durch die gebündelte Verwaltung von Fremdprojekten und Institutionen. Flierl: „Mit dem städtischen Kulturbüro hätte Berlin zum ersten Mal einen Ort, der eine gesamtstädtische Plattform für die Kultur in Berlin bietet. Diese Struktur ermöglichte es, kulturelle Schwerpunkte zwischen Land und Bezirken, Institutionen und freier Szene zu verabreden.“ Wer wissen will, was die Stadt kulturell zu bieten hat, der geht dann – zu Fuß oder virtuell – ins Podewil-Kulturbüro – das seinen Status als Aufführungsort für den modernen Tanz, Musik und Performances nicht einbüßen soll, meint Flierl.

Dass mit der Fusion von MD und BKV und der Einrichtung des Büros zugleich Aufgaben der Bezirke und der Kulturverwaltung obsolet werden, ist evident. Es sei ein Stück Verwaltungsreform samt einem Mehr an Eigenverantwortung kultureller Aufgaben, meint etwa die CDU-Kulturexpertin Monika Grütters, die dadurch für das schlecht positionierte Podewil bessere Vermarktungschancen sieht.

Dass das Konzept für die Reform kultureller Beratung und Projektbegleitung – ebenso wie die Opernrefom – noch Klärungsbedarf hat, ist auch deutlich: Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, hat im Kulturausschuss den Finger in die Wunden gelegt. Nicht allein die Fusion von MD und BKV schaffe das Kulturbüro und ein neues Profil für das Podewil. Es müsse auch geklärt werden, welche Beratungen Künstler benötigen, welche Bedürfnisse Nutzer von Museen oder der Freien Szene hätten. Und: welche Abgrenzungen zur hauptstädtischen Kultur vorgenommen werden müssten. Anders gesagt: An einen Internet-Auftritt für Staatsopernchef Barenboim ist nicht gedacht. Es sei denn, der zahlt dafür.