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Im internationalen Vergleich ist Deutschland einfach immer Scheiße. Zum Beispiel führen auch deutsche Bibliotheken im internationalen Vergleich ein „Mauerblümchen“-Dasein. Sie erhalten deutlich weniger Geld, werden seltener von den Bürgern besucht, und der Bestand stößt nur auf mäßige Wertschätzung. Nutzungsgrad und Zufriedenheit mit dem Angebot seien in den untersuchten Staaten Finnland, Großbritannien, Singapur, Dänemark und – man lese und staune – den USA deutlich höher als in Deutschland, teilten gestern die Bertelsmann Stiftung in Gütersloh und die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) mit. Dänische Bürger nutzten Bibliotheken dreimal so oft wie die Deutschen. Ein Konzept zur Neuausrichtung des Bibliothekswesens solle beim Bibliothekskongress in Leipzig in der kommenden Woche vorgestellt werden.

Allerdings lassen sich andere Länder ihre Bibliotheken erheblich mehr kosten, wie die Studie im Rahmen des Projekts „Bibliothek 2007“ ergab: Während in Deutschland pro Jahr etwa ein Euro pro Kopf für Bücher und andere Medien investiert werden, sei es in den Vergleichsländern das Drei- bis Neunfache. „Die Bildungsspitzenländer haben das Potenzial, das in Bibliotheken für die Bildung liegt, erkannt – in Deutschland dagegen redet auch nach Pisa kaum ein Politiker über Bibliotheken“, sagte Christof Eichert von der Bertelsmann Stiftung. Die Untersuchung habe trotz der Verschiedenheit der Länder gemeinsame Erfolgsfaktoren ergeben. Dies seien etwa die starke Integration von Bibliotheken ins Bildungssystem und deutliches Engagement der Regierung. „All diese Elemente fehlen in Deutschland“, sagte BDB-Sprecher Georg Ruppel.

Und wenn die Bibliotheken kein Geld bekommen, dann ist auch nichts mit „Publishing for a Better World“ – wie das hochtrabende Motto heißt, unter dem vom 21. bis 24. Juni der 27. Kongress der Internationalen Verleger-Union im Konferenzhotel Intercontinental in Berlin stattfindet wird. Erstmals seit 66 Jahren wird der weltweit größte Kongress der Verlagsbranche wieder vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels ausgerichtet. Eigentlich geht es ja um Publishing for More Money, weshalb die Frage des Urheberrechts einen ganz wichtigen Platz auf der Konferenz einnimmt. Doch weil es selbst in dieser Zeitung naive Seelchen gibt, die Verlegern und Rechteinhabern nur das Beste zutrauen, besonders wenn sie Jan Philipp Reemtsma heißen, geht das mit Publishing for a Better World in Ordnung. Es handelt sich dann aber um die Welt der Verleger, nicht die der Autoren oder die der Bibliotheken.