Rechtsextreme Geschäftsfreude ungebrochen

Heute fällt das Urteil gegen den Neonazi Hendrik Möbus und seinen Bruder. Ihre Reue muss bezweifelt werden

BERLIN taz ■ Das CD-Cover mit den germanischen Runen „Trotz Verbot nicht tot“ ist eindeutig: Ein Hakenkreuz ziert den Reichsadler, darüber prangt der Schriftzug der verbotenen Neonazigruppierung „Blood & Honour“. Die CD wird seit Jahresanfang unterm Ladentisch angeboten. Die Mischung der Musikrichtungen – von rechtem Black Metal bis zu schlichtem Rechtsrock – garantiert Erfolg. Mit vertreten: die Band „Absurd“ des Thüringer Neonazis Hendrik Möbus. Dessen Foto, komplett mit gezücktem Dolch und der Überschrift „Trotz des Kerkers ungebrochen“ ziert auch das jüngste Album der neonazistischen Black Metal Band „Totenburg“.

Der als „Satansmörder“ bekannt gewordene Hendrik Möbus muss sich derzeit wegen einschlägiger Delikte erneut vor Gericht verantworten. Heute fällt das Urteil vor dem Landgericht Erfurt – auch gegen den älteren Bruder Ronald Möbus. Im Prozess gaben sich die Brüder lammfromm, reuig und unpolitisch. Knapp 60 Seiten umfasste die Anklage. Die Vorwürfe: 20 Fälle gemeinschaftlicher Volksverhetzung, Aufstachelung zu Rassenhass, Leugnung des Holocaust und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener.

Hendrik Möbus hatte mit zwei Mitschülern 1993 im thüringischen Sonderhausen den 15-jährigen Sandro Beyer ermordet. Nachdem er 1998 vorzeitig auf Bewährung entlassen wurde, hatte er die Tat mit Statements wie „Ich weiß ja nicht, ob man in der Nazizeit bestraft worden wäre, wenn man Volksschädlinge unschädlich gemacht hätte“ öffentlich gerechtfertigt.

Geschäftstüchtig vermarktete Möbus seinen Kultstatus in der Neonazi- und Satanistenszene: „Darker Than Black“ nannte sich das Label, das er gemeinsam mit seinem Bruder Ronald gründete. Eine Razzia bei „Darker Than Black“ im Jahr 1999 bildete dann auch den Ausgangspunkt für den jetzigen Prozess.

Zwischenzeitlich hatte Hendrik Möbus versucht, in die USA zu flüchten. US-Marshalls nahmen ihn im August 2000 auf dem Anwesen des mittlerweile verstorbenen Neonazianführers William Pierce fest. Seit seiner Auslieferung sitzt er eine dreijährige Reststrafe ab. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, soll Hendrik Möbus für drei weitere Jahre hinter Gitter. Für seinen Bruder Ronald forderten die Ankläger lediglich eine Bewährungsstrafe.

Beide Angeklagten hatten zuvor beteuert, sie seien dabei, ihr Leben „zu normalisieren“. Hendrik Möbus betonte, er habe einen Antrag auf Sozialtherapie gestellt. Ronald Möbus erklärte, er vertrete keinerlei politische Werte und versuche derzeit mit Hilfe von Existenzgründungsförderung ein eigenes Geschäft aufzubauen – gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin. Die treuherzige Beteuerung von der Hinwendung zu Geschäft und Familie blieb unhinterfragt.

Dabei hätte es für die Staatsanwaltschaft durchaus Grund für sorgfältigere Recherchen gegeben. Denn über den Online-Versandhandel „Drachenwurzel“ bot Ronald Möbus Interessenten neben Runenschmuck noch vor wenigen Monaten ungefragt auch härteren Stoff an: Bei Interesse könnte man auch CDs der Neonaziband seines Bruders sowie der Bands „Angry Aryans“ und „Legion of Thor“ vermitteln. Deren Machwerke finden sich größtenteils auf dem Index. Aktivitäten, die vor dem Landgericht Erfurt mit keinem Wort erwähnt wurden. HEIKE KLEFFNER