Kantine im Keller

„Keine Mittel, keine Räume, keine Essensversorgung“, Eimsbüttler Eltern verteilen Gulasch-Suppe als Protest gegen Schulzeitverkürzung

„Berufstätige Mütter haben keine Zeit, die anderen jüngere Kinder zu Hause“

von KAIJA KUTTER

Vor dem Helene Lange Gymnasium in Eimsbüttel roch es gestern mittag streng nach Gulasch. Elternräte des Eimsbüttler Schuldreiecks hatten unter dem Motto „wir lassen uns nicht abspeisen“ zu einer öffentlichen Schulspeisung eingeladen, um gegen die hektisch eingeführte Verkürzung der Gymnasialzeit auf 8 Jahre zu protestieren.

Weil mehr Stoff in kürzerer Zeit gelernt werden muss, müssen an allen Gymnasien bereits jetzt die Fünftklässler zwei Stunden mehr lernen. Für die Schüler der drei bilingualen Gymnasien bedeutet dies Schule bis 14 Uhr 35 an zwei Tagen und bis 15 Uhr 45 an einem dritten Tag. Ab Klasse 7 kommen noch zwei Stunden hinzu. „Wir wollen nicht, dass die Schulzeitverkürzung auf dem Rücken von Schülern und Lehrern ausgetragen wird und zu Lasten von Förderstunden geht“, sagt die Elternrätin Lore Neuling, die fürchtet, dass die zusätzlichen Stunden allein über die Lehrerarbeitszeitverlängerung abgedeckt werden sollen. „Keine zusätzlichen Mittel, keine Räume und keine Essensversorgung“ habe es beim Schulstart gegeben, kritisiert auch Elternsprecher Ulrich Struck: „Wir wurden bei der Planung komplett übergangen.“

Nach eigenem Bekunden hat die Bildungsbehörde die Nöte erkannt. Wie berichtet, sollen Hamburgs 67 Gymnasien bis zum 15. Juni ihren Bedarf an Umbaumaßnahmen für die Essensversorgung anmelden, die aus dem Ganztagsschulprogramm des Bundes finanziert werden. Was die Elternräte empört: vorgesehen sind offenbar nur kleinere Kücheneinbauten aber keine Neubauten, wie sie am Eimsbüttler Schuldreieck nötig wären. Denn weder am Kaifu-Gymnasium noch an der Emilie-Wüstenfeld-Schule (EWS) gibt es einen geeigneten Kantinenraum, lediglich das Helene-Lange-Gymnasium (HLG) hat einen Kellerraum, der Platz für 35 Schüler bietet und im Februar schon mal Schauplatz einer Probespeisung war. Bei einer Besichtung der Bauabteilung der Behörde, so empört sich Ulrich Struck, sei dieser Raum als „ausreichend“ eingestuft worden, obwohl künftig 500 bis 600 Schüler dort versorgt werden müssten, für deren Essenspause 45 Minuten vorgesehen sind. Die Schüler, so habe es geheißen, könnten sich die Mahlzeit abholen und im Klassenraum speisen. Die drei Elternräte hatten gemeinsam mit einer Nachbarschaftsinitiative ein Alternativkonzept geplant. So könnten HLG und EWS je einen Anbau bekommen, die Kaifu-Schüler könnten in ihrer benachbarten Kita essen, wenn diese größer gebaut würde.

Die Probespeisung im Februar habe aber gezeigt, dass dies nicht „nebenbei“ ehrenamtlich von Müttern geleistet werden kann, berichtet Elternsprecherin Pamela Schlemmermeier. Benötigt würden 80 Helferinnen für alle drei Schulen, es kamen aber nur eine Hand voll. „Die berufstätig sind, haben keine Zeit zu helfen und die, die zu Hause sind, müssen sich oft um jüngere Kinder kümmern“, berichtet die Mutter.

Das Gulasch-Happening war medienwirksam inszeniert und prominent besucht. Staatsrat Reinhard Behrens sprach von „Sorgen auf hohem Niveau“. Und Norbert Rosenboom, der Leiter der Schulaufsicht, bot vor laufender Kamera ein Gespräch mit Bauteam und Elternräten an. Allerdings räumt er ein, dass er den Eltern „nicht alle Ängste und Fürchte“ nehmen könne und es bei der Finanzierung der Personalkosten für Essen und Hausaufgaben noch eine „Lücke“ gebe, für die es erst nach den Sommerferien eine Antwort gebe.