die freiheit des bernd f. halunkewitz von WIGLAF DROSTE
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„Freiheit kann man kaufen. Mit dem richtigen Bausparvertrag“, sagt die Werbung der Landesbausparkasse LBS. Auf dem zugehörigen Reklamefoto sieht man eine Baumhütte, aus deren Eingang zwei Paar nackte Füße heraushängen, denn man weiß ja: Tom Sawyer und Huckleberry Finn waren die ersten fleißigen Bausparer und Eigenheimler. Oder war sogar Diogenes noch eher am Drücker? In seiner über Jahre angesparten Designertonne lag Diogenes, treuer Kunde der Sparkasse und allein deshalb ein freier Mann, der nur kraft seiner entspannten Kreditlage zu Alexander dem Großen sagen konnte: „Geh mir aus der Sonne!“ Die Freiheit, die man kaufen kann, findet im Eigenheimknast statt, im Reihen-, also Irrenhaus. Den Soundtrack dazu liefert Peter Maffay, der das „R“ so siebenbürrrgisch-frrreiheitlich rrrollt wie kein anderrrerrr, wenn errr auf seinerrr knatterrrnden Harrrley Davidson durrrch die Welt brrretterrrt.

Ein großer Kämpfer für diese Freiheit ist der Bild-Held Stefan Effenberg. Als einziger Mensch auf der Welt hat er Hitlers Tagebuch gelesen – das hat er allen voraus, das kann ihm keiner wegnehmen, nicht einmal sein Verleger Bernd F. Lunkewitz. Der Mann, der Effenberg „ein Vorbild“ nennt und ihn in die Welt hineinballert, kommt aus der Frankfurter Sponti-Szene, war mit Joseph Fischer befreundet, machte sein Geld mit Immobilien und griff mit Hilfe der Treuhand den Ostberliner Aufbau Verlag ab. Bei Aufbau war 1991 der große Essai „Ascher gegen Jahn: Ein Freiheitskrieg“ von Peter Hacks erschienen, in dem Hacks den Kampf der deutschen Nationalisten gegen die Bonapartisten beschreibt. Im Verlauf dieses Freiheitskrieges verbrannten deutsche Burschenschaftler auf Geheiß des Deutschtümlers Friedrich Ludwig Jahn 1817 auf der Wartburg die Bücher ihrer Gegner. Unter den verbrannten Büchern befand sich auch Saul Aschers „Die Germanomanie“, das der Aufbau Verlag auf Betreiben von Peter Hacks mit Aschers Schriften „Eisenmenger der Zweite“, „Napoleon“ und „Das Wartburgfest“ nachdruckte und im Verbund mit Hacksens Essai neu auflegte. Komplettiert wurde die Publikation mit Friedrich Ludwig Jahns Schrift „Deutsches Volkstum“.

Die erste Tat des neuen Aufbau-Verlegers Lunkewitz war es, diese dreibändige Hacks-Ascher-Jahn-Ausgabe zu makulieren und zu verramschen. Peter Hacks wegwerfen und Stefan Effenberg drucken: Das ist es, wofür Bernd F. Lunkewitz schwärmt; das ist es, wofür und wovon er lebt. In diesen beiden Akten verlegerischer Barbarei wird der Freiheits- und Zivilisationsgewinn der letzten zwölf Jahre deutlich. Plunder in die Welt hineinkloppen und jeglichen Geist aus ihr vertreiben, das ist die Freiheit des Bernd F. Lunkewitz.

Der Verleger, der sich seine dicken Cigarren mit Hilfe Stefan Effenbergs verdient, wird die Sache weiterdrehen und -treiben: Einem Halunkewitz sollte es doch gelingen, aus seinem neuen Spitzenautor das Buch herauszubuchstabieren, das der ja gelesen hat, das Tagebuch Adolf Hitlers. Ohne diese verlegerische Großtat bliebe das Lebenswerk des Bernd F. Lunkewitz seltsam unvollendet.