Angefixt vom gedruckten Wort

Heute beginnt die „lit.Cologne“: Fünf Tage lang wird in Köln Literatur vorgestellt. Bewusst verzichten die Organisatoren auf thematische Schwerpunkte. Jede der 87 Veranstaltungen soll für sich sprechen

Von JÜRGEN SCHÖN

„Köln ist keine Stadt für Literaten. Wohl aber für Literatur!“ Und weil Manfred Köhler, Ko-Organisator der heute beginnenden „4. lit.Cologne“, davon überzeugt ist, rechnet er auch in diesem Jahr wieder mit mindestens 45.000 Zuhörern und Zuhörerinnen. 80 Prozent aller Eintrittskarten für die 87 Veranstaltungen an fünf Tagen seien bereits verkauft, freut er sich. Das deute erstmals „auf plus-minus Null“ bei der Endabrechnung hin. Zumal vom 600.000-Euro-Etat dieses Jahr immerhin die Hälfte durch Sponsoren gedeckt sei.

Warum gerade Köln so „literatursüchtig“ ist, weiß der 48-Jährige auch nicht. In New York zählte das örtliche Literaturfestival gerade mal 14.000 Besucher, erzählt Köhler. „Der Kölner ist eben neugierig, besonders in Sachen Literatur“, versucht er eine Erklärung. „Von Heinrich Böll, auf den man sich hier immer beruft, kommt das jedenfalls nicht“.

Anders als bei anderen Literaturfestivals werden in Köln bewusst keine Themenschwerpunkte gesetzt, obwohl sich etwa die zehn neuen EU-Länder oder der Islam aktuell dafür anböten. „Bei uns ist jede Veranstaltung ein Schwerpunkt – als solche muss sie sich gegenüber den anderen behaupten können“, begründet Köhler selbstbewusst das „Konzept der Vielfalt“. Als seine ganz persönlichen „Favoriten“ im Programm nennt er die Lesung mit Jürgen Tarrach aus den Krimis von Daniel Pennac (19. März, 20 Uhr, Tanzbrunnen) und – am selben Tag, zwei Stunden später im Theaterhaus Köln – die Trashkrimis von Buddy Giovinazzo und Marcus Starck.

Als „europäische-nordamerikanische Selbstbezogenheit“ will Köhler die diesjährige Auswahl genau so wenig verstehen wie Mit-Organisator Rainer Osnowski, der diesen Schwerpunkt für „reinen Zufall“ hält und sagt: „Wir wollen uns auch nicht irgendwo reinhängen.“ Schließlich sei der Blick über Europas Tellerrand gewährleistet, etwa durch Ha Jin und Hong Ying aus China (am 21.3., schon ausverkauft). Zwei Brasilianer hätten aus Termingründen nicht kommen können. Und dann macht Osnowski Werbung für die Finnen: „Mal ehrlich: Das sind zwar Europäer, aber wer kennt hierzulande finnische Schriftsteller?“ Die kommen am 20.3., 20 Uhr, gleich mit einem Tango-Orchester in den Gürzenich.

Ausgesucht wird das Programm nach den persönlichen Vorlieben des fünfköpfigen „Programmgremiums“, das bisweilen durch Fachleute ergänzt wird. „Und natürlich gibt es Informationen von den Verlagen“, sagt Köhler, von denen er sich aber nicht beeinflussen lasse. „Dazu kriegen wir jede Menge Tipps von Freunden“ und man freue sich auch über Hinweise von anderen (info@litcologne.de). „Wir werden alles durchlesen“, verspricht er. Gestaltet wird das Lesefestival auch nach dem „Konzept des Überangebots“: Fast immer finden fünf Veranstaltungen gleichzeitig statt. „Da muss der Zuhörer sich entscheiden“, sagt der ehemalige Buchhändler Köhler. Eine Ausweitung des Programms werde zwar diskutiert, er sei allerdings nicht dafür.

Was er sich für die Literatur erhofft? „Da rufen sie den Messisas in mir wach“, stöhnt Köhler. „Ich kämpfe gegen den seit Jahrzehnten vorausgesagten Tod des Buches an. Wer einmal für das Buch gewonnen wurde, der kehrt immer wieder zum Lesen zurück.“ Um das Medium für die Zukunft zu verankern, gehört eine „lit.kid.Cologne“ für Kinder zum Festival. Das Wichtigste aber ist für Köhler, Literatur nicht weinerlich und defensiv zu präsentieren – nach dem Motto „Keiner kauft mehr Bücher, keiner liest mehr“ – sondern mit Lust und Vergnügen.

Karten: Tel. 0221 / 28 01 www.litcologne.de