Generationensprung in der Provinz

Die Deutsche Flugsicherung GmbH baut ihre Bremer Zentrale aus. Das bringt Jobs und einen Haufen Arbeit an die Weser: Mit neuartiger Technik wird von dort ab 2006 der gesamte Luftraum von der dänischen Grenze bis Kassel überwacht

aus Bremen Daniel Schalz

Auf dem runden, schwarzen Radarschirm kommen sich die beiden Flugzeuge gefährlich nahe. Die grün schimmernden Codes PHECF 146 29 und JE 20 scheinen sich fast zu berühren. Doch der Mittzwanziger mit den Kopfhörern und seine gleichaltrige Kollegin sitzen außerordentlich entspannt an den Armaturen voll blinkender Knöpfe, Tasten und Schalter. Im direkten Kontakt mit den Piloten dirigieren sie die Maschinen sicher aneinander vorbei. Alltag für etwa 30 der insgesamt 180 FluglotsInnen in einer der Kontrollzentralen der Deutschen Flugsicherung (DFS) GmbH am Bremer Flughafen.

So ruhig die Szenerie auch wirkt, in den nächsten zwei Jahren kommt einiges auf die FluglotsInnen zu: Statt wie bisher den norddeutschen Luftraum, das heißt Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, werden sie ab 2006 auch einen großen Teil des ostdeutschen überwachen – und sich außerdem in einem völlig neuen System zurechtfinden müssen.

Die privatrechtlich organisierte DFS überwacht jährlich 2,5 Millionen Fracht-, Charter-, Linien-, Militär- und Privatflüge über Deutschland. In Langen bei Frankfurt unterhält sie die größte Kontrollzentrale Europas, daneben vier kleinere in Berlin, Karlsruhe, München und Bremen. In zwei Jahren soll es nur noch drei geben: Der Berliner Standort wird aufgelöst und anteilig nach Bremen und München verlagert. Anfang 2006 müssen deshalb 150 FluglotsInnen von der Spree an die Weser ziehen, die sich damit nur schwer abfinden können. „Bremen wird eben als Provinz wahrgenommen“, sagt Andrea Wächter, zuständig für den Bereich Personal bei der DFS. „Viele können die Entscheidung für das kleine Bremen nicht nachvollziehen.“ Den Ausschlag gab, dass die DFS Eigentümerin des Bremer Gebäudes ist, in Berlin dagegen nur Mieterin. Zudem steht das dortige Gebäude unter Denkmalschutz – eine schlechte Voraussetzung für bauliche Veränderungen.

Eine solche ist die künftige Bremer Kontrollzentrale, die im Gegensatz zum Schummerlicht des bisher genutzten Raumes hell und freundlich wirkt. High-Tech statt 70er-Jahre-Look: Die Armaturen sind gräulich-weiß statt bräunlich-gelb, an der Decke hängen lange Halogenstrahler, und die Radarschirme sind eckig statt rund. Keine Knöpfe, keine Tasten, keine Schalter: Es wird ausschließlich mit Maus und Touchscreen gearbeitet. Einige Lotsen-Azubis werden in einer Ecke mit den Neuerungen vertraut gemacht. „Das ist ein Generationensprung“, sagt Werner Spier, Sprecher der Bremer DFS-Niederlassung, über das 40 Millionen Euro teure System, das ab Juli dieses Jahres das alte ersetzen soll. „Flugdaten und Radarinformationen werden nicht mehr wie bisher separat erfasst“, hebt er einen Vorteil der neuen Technik hervor. Außerdem würden mehr Daten von verschiedenen Radaranlagen verabeitet werden.

„Für Bremen bedeutet die Zusammenlegung der Standorte auf lange Sicht 150 sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze“, betont Manfred-Peter Schmidt, verantwortlich für das Betriebsstättenkonzept der DFS. In Bremen werden dann etwa 600 FluglotsInnen beschäftigt sein, die nach vierjähriger Ausbildung 60 bis 90.000 Euro im Jahr verdienen. Eigentlich haben sie dafür einen ganz einfachen Job, wie Werner Spier lapidar zusammenfasst: „Sie sollen dafür sorgen, dass die Flugzeuge nicht zusammenstoßen.“