Mann ohne Rückhalt

Der parteilose Polizeipräsident Udo Nagel übernimmt im CDU-Senat die Innenbehörde. Er wird Polizeistrukturreform und Schill‘sche Politik der Verschärfungen fortsetzen

Der Wechsel von Polizeipräsident Udo Nagel in die Innenbehörde löst bei der Polizei wohl gemischte Gefühle aus. „Es ist gut, dass nun ein ausgewiesener Polizeifachmann Senator geworden ist, dem man nicht erst die Innenbehörde erklären muss“, sagt Andre Bunkowsky, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hamburg. Doch nun müssen die PolizistInnen davon ausgehen, dass er als Senator die von ihm betriebene Polizeistrukturreform weiterverfolgt. „Er muss aber lernen, die Kritik endlich wahrzunehmen“, so Bunkowsky, „und das wird spannend.“ Hamburg sei ein „heißes Pflaster“ und er habe „keinen politischen Rückhalt außer im Senat“.

Obwohl sein Führungsstil zu verpatzten Einsätzen und Exzessen geführt hat, wie die Übergriffe auf die Anti-Irakkrieg-Schüler- und Bambule-Demos belegen, ist der Ruf des parteilosen Nagel in der Öffentlichkeit besser als im Polizeiapparat. Dort gilt er als „nicht kritikfähig“, und kollektiver Führungstil sei für ihn ein Fremdwort. Er scharte eine Gruppe von Ja-Sagern um sich und zog sämtlich Führungskompetenzen an sich.

Nagel war 2002 von Innenstaatsrat Walter Wellinghausen unter der Ära Ronald Schill nach monatelanger vergeblicher Suche nach einem Kandidaten als „Notnagel“ aus München an die Elbe geholt worden. Seither bemühte er sich, Münchner Konzepte auch in Hamburg zu etablieren. Heftig in der Kritik steht Nagel zurzeit wegen der Polizeistrukturreform und der damit verbundenen Zerschlagung des Landeskriminalamtes (LKA). Dagegen laufen Polizeigewerkschaften (GdP, BdK, PoliG), der Personalrat und ranghohe Beamte Sturm, so dass sie bis zur Wahl gestoppt worden war.

Nach Nagels Vorstellungen sollte die Bekämpfung wesentlicher Kriminalitätsschwerpunkte auf die Kriminalermittlungsdienste (KED) an den Kommissariaten verlagert werden, die einer von ihm geleiteten Zentraldirektion unterstehen. Das LKA sollte nur noch für Organisierte Kriminalität, Staatsschutz sowie bundesweite Fahndungen zuständig sein. Das bedeutet gravierende Personal-Umschichtungen und massive Veränderungen in Arbeitsweisen und Zuständigkeiten. Obwohl noch unter Mitbestimmungsschwelle, habe es schon Veränderungen gegen. sagt Bunkowsky. „Das hat bei vielen zu Verunsicherung und Frustration geführt.“ Ein Kriminalist ergänzt: „Dieses Modell mag vielleicht für München in einem Flächenland wie Bayern funktionieren, nicht aber in einer Zweimillionenmetropole.“ Und auch der Sprecher der Kritischen PolizistInnen, Thomas Wüppesahl, glaubt, dass es nun nicht langweilig wird: „Udo Nagel ist der Protagonist Schill‘scher Innenpolitik.“ Dies zeige er mit seinen Vorstößen zur Einführung von DNA-Analysen als erkennungsdienstlichem Mittel oder zu verdachtsunabhängigen Kontrollen.

Da die Regierungserklärung seine Forderung nach mehr PolizistInnen nicht enthält, gab Nagel sich gegenüber dpa bedeckt. Nach den Anschlägen von Madrid müsse die Lage erst bewerten werden. Vorher mache es wenig Sinn, über „500 zusätzliche Polizisten für den Objektschutz oder mehr Leute für den Verfassungsschutz“ zu reden. „Ich bin gegen Placebos“, so Nagl, „und unbegründete Schnellschüsse.“

KAI VON APPEN