Neuer Senat nebelt sich ein

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) verzichtet auf Erklärung des Regierungsprogramms vor der Öffentlichkeit und begründet dies mit einer „spontanen Aktion“. Opposition kritisiert Programm als „Wischiwaschi“ und sieht allüberall „blinde Flecken“

von KAIJA KUTTER
und PETER AHRENS

Noch Fragen? Bürgermeister Ole von Beust (CDU) verzichtete gestern kurzer Hand auf nähere Erklärungen zum Regierungsprogramm. Da das Papier für die Regierungszeit 2004 bis 2008 schon am Vorabend bei der Vorstellung der neuen Senatsmitglieder verteilt wurde, ließ er die für gestern Mittag geplante Landespressekonfernz einfach absagen – mit dem Hinweis, das Regierungsprogramm sei ja im Internet für jedermann abrufbar. Man müsse sich jetzt an „spontane Entscheidungen von Politikern gewöhnen“, erklärte er und outete sich damit als gelehriger Schill-Schüler.

Dabei ist an dem 38-Seiten-Papier, das die CDU in Rekordtempo fertiggestellt hatte, noch vieles erklärungsbedürftig. „Wo bleiben Frauenpolitik, Verbraucherschutz, Umwelt, Sozialpolitik und Integration?“, fragte beispielsweise die GAL und monierte „blinde Flecken“ im Programm des Bürgermeisters.

Das Dokument stellt die „Wachsende Stadt“ Hamburg in den Mittelpunkt. Unter anderem ist zwischen 2005 und 2010 ein Sonderinvestitionsprogramm von einer Milliarde Euro vorgesehen, mit dem das städtebauliche Wachstum beschleunigt werden soll. Aus Sicht von Goetsch bisher nicht mehr als „schöne Versprechen über ein stadt- und sozialverträgliches Wachstum“. Das zudem, so der erklärte Wille des Senats, durch nicht näher spezifizierte Umschichtungen finanziert werden soll. Parallel dazu strebt Beust eine konservative Finanzpolitik an, in deren Rahmen die Netto-Neuverschuldung schrittweise zurückgeführt werden soll. Bereits ab 2006 soll es einen ausgeglichenen Haushalt geben.

Die SPD sprach von „Wischiwaschi auf 38 Seiten“. Ole von Beust „verspricht alles, aber legt sich nirgendwo fest“, kritisiert der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Walter Zuckerer. Aber zu wichtigen Fragen wie dem Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser fände sich „kein Wort“. Der zusätzlich mit dem Gesundheitsressort bedachte Wissenschaftssenator Jörg Dräger war bei seiner Vorstellung am Montagabend lediglich zu „einer persönlichen Meinung“ zu bewegen. In dieser bezeichnete er den Mehrheitsverkauf des LBK als „richtig und wichtig“.

Nebulös gehalten ist beispielsweise auch die Zukunft der heiß umkämpften Berufsschulen. Das Wort „Stiftung“ taucht im Regierungsprogramm nicht auf, wohl aber ist von Selbständigkeit und Wirtschaftsnähe die Rede.

Deutlich schlechte Nachrichten enthält das Programm in Punkto Krippenplätze. Für Kinder unter drei Jahren sollen künftig Tagesmütter eine „verlässliche Alternative“ bieten. Die künftig zuständige Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram wollte am Montagabend zu weiteren Details ihrer Kita-Politik aber ebenfalls keine Stellung nehmen: „Ich werde mich hüten, Ihnen jetzt zu verraten, was wir vorhaben“, sagte sie.

Dass von Beust vier Parteilose in seinen Senat berufen hat, kommt bei der Opposition eher schlecht an: Speziell bei den Bereichen Bildung und Kultur sei dies für die CDU ein „Armutszeugnis“, befand Goetsch, und SPD-Landeschef Olaf Scholz sah darin „nicht gerade einen Vertrauensbeweis in die Hamburger CDU“. Deren Landesvorsitzender Dirk Fischer wies diese Kritik als „peinlich“ zurück. Das Senatsteam sei „nicht auf Grund des Parteibuchs, sondern wegen fachlicher Qualifikation“ ausgesucht worden, gab Fischer leicht patzig zurück.

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