Menem zieht die Reißleine

Nachdem Argentiniens Expräsident Carlos Menem nun doch auf die Kandidatur inder Stichwahl verzichtet hat, wird Néstor Kirchner am 25. Mai als Präsident vereidigt

BUENOS AIRES taz ■ Es ist Schluss mit den großen Tönen. Der zweite Wahlgang? „Reine Formsache und wir werden triumphieren“, hatte er sich aufgeplustert. Vorzeitiger Rückzug von der Kandidatur? Der Einfall eines „Besoffenen“. An flotten Sprüchen hat es nicht gemangelt. An Unterstützern schon. Jetzt hat der argentinische Expräsident Carlos Menem die Reißleine gezogen. Am Mittwoch erklärte er, auf seine Kandidatur in der ursprünglich für Sonntag geplanten Stichwahl um die argentinische Präsidentschaft zu verzichten. Damit wird sein Widersacher Néstor Kirchner am 25. Mai als Präsident Argentiniens vereidigt.

Zwar konnte Menem mit 22,4 Prozent der Stimmen die erste Runde für sich entscheiden, er lag damit jedoch nur zwei Prozent vor Kirchner. Und alle Umfragen sagten ihm für kommenden Sonntag eine desaströse Niederlage voraus.

Am Mittwochfrüh flog Menem in seine Heimatprovinz La Rioja und diskutierte lange mit seinen Beratern. Er selbst wollte weitermachen. Aber die Provinzgouverneure und Bürgermeister in seinem Team drängten ihn zur Aufgabe. Einige von ihnen müssen sich bald auf lokaler Ebene zur Wahl stellen und wollen nicht mit dem Makel des Verlierers antreten. Schließlich erklärte Menem seinen Rückzug.

„Wir haben heute eine neue Facette Menems kennen gelernt: die Feigheit“, triumphierte prompt Néstor Kirchner. Menems Abgang sei „absolut verantwortungslos“ und eine „Schande“. Kirchner wird jetzt mit den 22,8 Prozent der Stimmen aus dem ersten Wahlgang Präsident des Landes.

Er kündigte sogleich an, dass er den Kampf gegen die Armut zu seinem zentralen Thema machen werde. Als Präsident habe er nicht vor, ein „Gefangener der Konzerne“ zu sein. Eher schon will er sich mit den Wirtschaftslobbyisten anlegen. „Ich mache mich mit Optimismus und Hoffnung ans Werk“, sagte er.

Der 72-jährige Menem kündigte indes an, sich nicht aus der Politik zurückziehen zu wollen.

INGO MALCHER

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